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Ahr. Weißer Sonntag, 2. Mai 1943.     

     Freitag Besuch von Frau Dr. Anders aus Stralsund-Prerow. War mit dem Rade u. ihrem Jungen hier, rief am Tage vorher an, ob sie auf eine Stunde kommen könne. Sie kam um 11 Uhr u. fuhr endlich um 4 Uhr Nachmittags wieder ab. Zwischendurch aß sie im Balt. Hof zu Mittag. – Als sie endlich fort war, kam Frau Dr. Ziel, um einen Besuch zu machen. Diese Frau u. ihr Mann möchten gar zu gern einen gesellschaftlichen Verkehr mit uns u. wir wissen kaum, wie wir sie uns vom Halse halten sollen, ohne allzu unhöflich zu sein.

     Gestern kamen Margret u. ihre Mutter aus Bln. zurück, was uns auch wieder allerhand Zeit kostet; aber das müssen wir nun in Kauf nehmen für Fritzens Hochzeit, die nun so wie so unsere ganze Kraft in Anspruch nimmt. Es ist so viel zu überlegen u. alles ist jetzt in der Kriegszeit nicht so einfach. Wir werden zur Kaffeetafel 30 – 40 Personen sein, zu den verschiedenen Mahlzeiten 12 – 14 Personen. Zum Glück hat Frau Gerda Knecht zugesagt, uns mit allem zu helfen.

     Heute morgen unsere übliche Sonntags-Andacht. Es ist kühl draußen u. ich habe heute früh geheizt. Gartenarbeit ist in der Hauptsache beendet, es kommen jetzt noch die Dahlien an die Reihe. Der Steingarten wächst gut an. Leider wird in diesem Jahre der junge Flieder garnicht blühen, nachdem er es im vorigen Jahre zum ersten Male getan hat.

Ahr. Mittwoch den 5. Mai 43.     

     Gestern nachmittag Besuch Dr. Krappmann, der mir ein Buch: „Stalin", von Essad Bey, mitbrachte, welches im Jahre 1931 bei Kiepenheuer erschienen ist. Es ist eine Biographie u. – so weit ich bis jetzt darin gelesen habe, sehr interessant. – Dr. K. war etwas weniger deprimiert, als beim letzten Besuch, jedoch nicht weniger hoffnungslos. Er hat seiner vorgesetzten Stelle empfohlen, den Schieß-Kursus in eine andere Gegend zu verlegen, weil unser Teil der Ostsee zu sehr vermint ist u. man deshalb so oft nicht schießen kann, da die Scheibe, bzw. der Schlepper, Gefahr läuft, auf eine Mine zu laufen. Bei dieser Gelegenheit hörten wir, daß vor kurzer Zeit am Darsser Ort der Dampfer Gneisenau, ein Ostasienfahrer, auf eine Mine gelaufen u. gesunken ist. –

     Interessant ist, daß Marschall Mannerheim zu einem Erholungs-Urlaub in die Schweiz gefahren ist. Warum fährt er grade in die Schweiz? Vielleicht hat er nicht die Absicht, wieder nach Finnland zurückzukehren. –

     Margret fährt heute nachmittag mit Dr Wessel nach Ribnitz, von dort morgen früh nach Berlin. Sie wird dort auf Fritz warten, der am Dienstag dort eintrifft u. beide zusammen werden dann hierher fahren. Wenn nur schon diese Hochzeit vorüber wäre, die uns furchtbar viel Mühe u. Unruhe macht. Dazu kommt, daß Martha eine unbedachte Aeußerung getan hat, die Frau Bohner hörte, wodurch eine Verstimmung entstanden ist. Margret hat dann wieder sich unmutig, über uns ihrer Mutter gegenüber geäußert, was wieder Frl. v. Tigerström hörte u. Martha wiedererzählte. Kurzum, es ist schwierig, die Harmlosigkeit zu bewahren u. ich mußte heute schon zum zweiten Male die Erregungen beschwichtigen u. ausgleichen. Es bleibt bei solchen Sachen natürlich immer etwas zurück. Margret möchte nun nach der Hochzeit für sich allein wirtschaften u. ich wurde das auch für uns ganz angenehm finden, wenn dieser Entschluß nur nicht das Resultat heimlicher Verstimmung

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Hans Brass: TBHB 1943-05-02. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-05-02_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2024)