Seite:HansBrassTagebuch 1943-01-26 003.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

unterworfenen Rassen u. den Ariern, – in diesem Falle also zwischen den Deutschen u. den Polen, – verliere, sobald die Polen sich selbst zu heben beginnen u. sich auch sprachlich dem Deutschen nähern. Dann, meint Hitler, gibt der Deutsche die Reinheit seines Blutes auf u. verliert dadurch „den Aufenthalt im Paradiese“, er sinkt unter in der Rassenvermischung und verliert seine kulturelle Fähigkeit, „bis er endlich nicht nur geistig, sondern auch körperlich den Unterworfenen u. Ureinwohnern mehr zu gleichen begann als seine Vorfahren.“ – „So brechen Kulturen u. Reiche zusammen, um neuen Gebilden den Platz freizugeben.“ – „Was nicht gute Rasse ist auf dieser Welt, ist Spreu,“ – Herr H. dürfte mit solchen Betrachtungen durchaus Recht haben; aber die einzige vernünftige Folgerung daraus ist dann die, daß wir Deutschen überhaupt keine Rasse sind u. einen Anspruch auf Kulturführung garnicht haben, am wenigsten die Preußen, die so sehr mit polnischem u. litauischem Blute durchsetzt sind, daß man die Fremdlinge überhaupt nicht mehr bemerkt, obschon sie in ihrer eigentümlichen Sprache jedermann auffallen müßten, vom Namen ganz zu schweigen. Ich entsinne mich noch meines Erstaunens, als ich im Osten Berlins zwei Jahre zubrachte u. beobachtete, wie diese Polen, obgleich sie ganz im Deutschtum untergegangen zu sein schienen u. man sie garnicht bemerkte, in der Kirche doch immer noch ihr Eigenleben erhalten haben mit polnischer Predigt u. polnischen Liedern. Ich hatte zuweilen den Eindruck, in einer polnischen Stadt zu leben.

     Hitler kritisiert den Parlamentarismus in Deutschland, der in der Polenfrage weder einen Sieg des Deutschtums, noch eine Versöhnung mit Polen, dafür aber Feindschaft mit Rußland bewirkt habe. Was Hitler unter „Sieg des Deutschtums“ versteht, hat er in der Judenfrage gezeigt: Ausrottung! Was hat er nun getan? Eine Ausrottung der in Deutschland lebenden Polen im Sinne der Judenausrottung hat er nie gewagt, sonst hätte er Preußen, Schlesien, die Ostprovinzen, Berlin u. das westliche Industrierevier fast entvölkern müssen. Eine Versöhnung mit Polen hat er zwar schwächlich u. dem Scheine nach versucht, tatsächlich aber weder erreicht noch je ernsthaft gewollt, denn auch Polen entwickelte sich ja zu einem Militärstaat, der also nach seiner Ansicht mit Waffengewalt auszurotten war. Feindschaft gegen Rußland aber ist überhaupt die Richtlinie seiner Politik gewesen. – Was er aber weiterhin über Polenpolitik sagt, ist Folgendes: Er kritisiert am alten Deutschland, daß man, „eine Germanisation des polnischen Elements durch eine rein sprachliche Eindeutschung desselben herbeiführen zu können“ – geglaubt habe. Er meint, daß, – wenn dies gelungen wäre, – „das Ergebnis ein unseliges geworden wäre: ein fremdrassiges Volk, in deutscher Sprache seine fremden Gedanken ausdrückend, die Höhe und Würde unseres eigenen Volkstums durch seine eigene Minderwertigkeit kompromittierend.“ – Weiß denn Herr Hitler nicht, daß in allen eben genannten Teilen Deutschlands dieses Experiment tatsächlich gemacht

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1943-01-26. , 1943, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-01-26_003.jpg&oldid=- (Version vom 1.5.2024)