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....ist nichtsdestoweniger ein ungesunder u. wird früher oder später zu einer Schädigung, wenn nicht zur Vernichtung des betr. Volkes fühlen. – Nur ein genügend großer Raum auf dieser Erde sichert einem Volke die Freiheit des Daseins. – Dabei kann man die notwendige Größe des Siedlungsgebietes nicht ausschließlich von den Erfordernissen der Gegenwart aus beurteilen, ja nicht einmal von der Größe des Bodenertrages, umgerechnet auf die Zahl des Volkes. Denn, ..... kommt der Grundfläche eines Staates außer ihrer Bedeutung als direkter Nährquelle eines Volkes auch noch ein anderer, die militärpolitische, zu. Wenn ein Volk in der Größe seines Grund u. Bodens seine Ernährung an sich gesichert hat, so ist es dennoch notwendig, auch noch die Sicherstellung des vorhandenen Bodens selbst zu bedenken.“

     So ist dieses ganze Buch eine einzige Verherrlichung des Angriffskrieges. Aber Herr Hitler erzählt auch, wie er das friedliebende Volk in diesen Krieg hetzen will. Dazu sagt er: „Damit aber lautet die Frage einer Wiedergewinnung deutscher Macht nicht etwa: Wie fabrizieren wir Waffen?, sondern: Wie erzeugen wir den Geist, der ein Volk befähigt, Waffen zu tragen! Wenn dieser Geist ein Volk beherrscht, findet der Wille tausend Wege, von denen jeder bei einer Waffe endet!“ –

Dienstag, 26. Januar 1943.     

     Gestern waren wir bei Familie Neumann zum Abendbrot eingeladen. Es ist das schon feststehende Tradition geworden, daß wir jährlich einmal im Januar dort zu Abend essen. Es sind einfache u. gutmütige Leute. Vater Neumann hatte vorher, ehe er hierher kam, eine Schofförkneipe in Charlottenburg, Mutter Neumann ist eine schwarzhaarige Litauerin. Die Tochter Gretl hat als sehr junges – u. recht hübsches – junges Mädchen vor vielen Jahren bei uns im Hause als Sommergast gewohnt, u. zwar in dem Zimmer, welches jetzt mein Arbeitszimmer ist u. in dem ich dieses schreibe. Damals war das Kurhaus verkäuflich. Die sehr unternehmungslustige Gretl wollte ihre Eltern bewegen, das Haus zu kaufen. Besonders Martha unterstützte sie sehr darin u. so kam schließlich die Sache zustande. Die Familie hat seitdem eine rührende Anhänglichkeit an uns bewahrt. Nach ziemlichen Anfangsschwierigkeiten ist das Haus heute sehr gut fundiert u. Gretl, die nun auch schon nicht mehr ganz jung ist, ist als künftige Erbin sehr geschickt für ihr Geschäft tätig. Sie hat sich erstaunlich den Verhältnissen im Dorfe angepaßt, ist Duzfreundin der vornehmen Villenbesitzerinnen wie der Edlen v. Paepke, der Gräfinnen Dohna usw., benimmt sich tadellos, während Vater u. Mutter Neumann mir u. mich nicht unterscheiden können.

     Die Verwandten von Mutter Neumann, besonders ihre alte, jetzt 84jähr. Mutter, sind im jetzigen Kriege nach Deutschland gekommen.

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Hans Brass: TBHB 1943-01-25. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-01-26_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.4.2024)