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Fritz ist dadurch der Rücken gestärkt worden u. er unterstützt mich darin, geht freilich etwas weit. Aber grade dadurch ist es ihm gelungen, ein junges Mädchen, die Jahre lang im Geschäft beschäftigt worden ist u. die der erklärte Liebling Marias war, die aber nichtsdestoweniger seit Jahren gestohlen hat, nun endlich auf frischer Tat zu ertappen u. sie endgültig hinauszubefördern. Diese u. andere Dinge sind nur das Ergebnis von Unordnung, die sich andere zunutze machen.

     Die Beseitigung u. der Kampf gegen Marias Neigung zur Unordnung, – das ist meine einzige Aufgabe hier, – u. es fragt sich, wie weit ich darin obsiegen werde. Wäre diese Unordnung nicht, dann wäre alles gut. Solange die Saison noch nicht ernstlich begonnen hat, geht noch alles ziemlich gut, aber wie es später werden wird, das steht noch dahin. So kommt es, daß ich mich gegenwärtig noch ziemlich wohl fühle u. daß ich immer mehr mit dem Gedanken umgehe, auch im Winter hier zu bleiben trotz des Fehlens einer Kirche. Ich habe hier ein schönes Zimmer, das ich mir freilich erst für einen dauernden Aufenthalt zweckmäßig einrichten müßte. Es ist dasselbe Zimmer, in dem ich früher wohnte u. in dem ich nach dem Autounfall mit meinem im Gips liegenden Bein so lange gelegen u. Schmerzen ausgestanden habe. Hier hatte Lücke bei mir gesessen u. hier empfing ich die Nachricht von seinem tragischen Tode u. hier reifte recht eigentlich der erste Gedanke, katholisch werden zu wollen. Von hier aus ging ich dann nach Bln., wo ich dann P. Albertus kennen lernte.

     Vor einiger Zeit schrieb mir Herr Bauer aus Bln., er habe gehört, daß P. Theodor Bogler, dessen Buch „Soldat u. Mönch“ wir immer noch lesen, einen lebensgefährlichen Autounfall gehabt habe. Ich nahm dies zum Anlaß, um an P. Bogler ein paar Worte zu schreiben u. bekam von ihm eine sehr herzliche Antwort. Zum Glück ist er ohne ernstlichen Schaden davongekommen. – Ich hatte an Herrn Bauer geschrieben, daß er dafür sorgen möge, daß unser Buchladen in Bln. mir den 2. Bd. des röm. Breviers senden solle, den ich s. Zt. bestellt hatte, da der 1. Bd. nur bis Pfingsten reicht. Aber Herr Bauer scheint von der Nachlässigkeit des Betriebes dort bereits angesteckt zu sein, denn ich habe das Brevier immer noch nicht. Auch dort wird mehr von der Ordnung geredet, als getan.

     Das Christkönigshaus u. der Johannesbund sind Sachen, die für mich da irgendwo liegen. Ich weiß, daß sie da sind, – sonst nichts. Mein persönl. Eigentum ist dort, – so wie auf einem Speicher, – u. ein anderes Verhältnis habe ich dazu nicht. Hier dagegen gibt es Bäume, die ich gepflanzt habe, u. es gibt ein Geschäft, das mein Kreuz ist, u. es gibt Menschen, die mich gern haben u. freundlich zu mir sind. Aber es gibt hier keine Kirche. Zwar lese ich mit Maria u. Frl. Schmidt jeden Morgen die Prim u. Abends Vesper u. Komplet u. Sonntags fahren wir nach Müritz, – wenn's geht! – u. das ist dann stets ein Fest; – aber mir fehlt doch die tägl. Frühmesse überaus. Ich hatte mir vorgenommen, jeden Morgen um 6 Uhr aufzustehen um Matutin u. Laudes zu beten u. habe das anfangs auch getan. Dann aber kam eine Zeit, in der ich mich wie zerschlagen fühlte, u. diese Zeit dauerte ziemlich lange. Wahrscheinlich machte sich die Wirkung der Luft u. der Sonne u. der regelmäßigen Ernährung auf diese Art

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Hans Brass: TBHB 1937-06-06. , 1937, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1937-06-06_002.jpg&oldid=- (Version vom 4.4.2024)