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sie gleich draußen. Sie gingen in ein Wirtshaus und ließen sich da Essen und Trinken geben, das Beste, das der Wirt nur auftreiben konnte; als sie fertig waren, bezahlte der mit dem Beutelchen alles und zog dem Wirt auch keinen Heller ab.

Nun waren sie das Reisen müde, da sprach der mit dem Beutel zu dem mit dem Mantel: ‘Ich wollte, daß du uns ein Schloß dahin wünschtest; Geld haben wir doch genug, wir könnten wie Fürsten leben’. Da wünschte er ein Schloß, und gleich stand es da und war alles Zugehör dabei. Als sie eine Zeitlang da gelebt hatten, wünschte er einen Wagen mit drei Schimmeln, sie wollten in ein ander Königreich fahren und sich für drei Königssöhne ausgeben. Da fuhren sie ab mit einer großen Begleitung von Lakaien, daß es recht fürstlich aussah. Sie fuhren zu einem König, der nur eine einzige Prinzessin hatte, und als sie ankamen, ließen sie sich melden und wurden gleich zur Tafel gebeten und sollten die Nacht da schlafen. Da gings nun lustig her, und als sie gegessen und getrunken hatten, fingen sie an Karten zu spielen, was die Prinzessin so gerne tat. Sie spielte mit dem, der den Beutel hatte, und so viel sie ihm abgewann, so sah sie doch, daß sein Beutel nicht leer ward, und merkte, daß es ein Wünschding sein müßte. Da sagte sie zu ihm, er sei so warm vom Spiel, er solle einmal trinken, und schenkte ihm ein, aber sie tat einen Schlaftrunk in den Wein. Und wie er den kaum getrunken hatte, so schlief er ein, da nahm sie seinen Beutel, ging in ihre Kammer und näht einen andern, der ebenso aussah, tat auch ein wenig Geld hinein und legt ihn an die Stelle des alten. Am andern Morgen reisten die drei weiter, und als der eine das wenige Geld ausgegeben hatte, was noch im Beutel war, und nun wieder hineingriff, war er leer und blieb leer. Da rief er aus: ‘Mein Beutel ist mir von der falschen Prinzessin vertauscht worden, nun sind wir arme Leute!’ Der mit dem Mantel aber sprach: ‘Laß dir keine graue Haare wachsen, ich will ihn bald wieder geschafft haben.’ Da hing er den Mantel um und wünschte sich in die Kammer der Prinzessin; gleich ist er da, und sie sitzt da und zählt an dem Geld, das sie in einem fort aus dem Beutel holt. Wie sie ihn sieht, schreit sie, es wär ein Räuber da, und schreit so gewaltig, daß der ganze Hof gelaufen kommt und will ihn fangen. Da springt er in der Hast zum Fenster hinaus und läßt den Mantel hängen, und ist auch der verloren. Wie die drei wieder zusammenkamen, hatten sie nichts mehr als das Horn, da sprach der, dems gehörte: ‘Ich will schon helfen, wir wollen den Krieg anfangen’, und blies soviel Husaren und Reiterei zusammen, daß sie nicht alle zu zählen waren. Dann schickte er zum König und ließ ihm sagen, wenn er den Beutel und Mantel nicht herausgäbe, sollt von seinem Schloß kein Stein auf dem andern bleiben. Da redete der König seiner Tochter zu, sie sollt es

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_471.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)