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sei nicht sein Haus und er sei nicht der, für den er sich bisher gehalten[1]. Das Gegenstück dazu ist unser Motiv C von der an sich selbst zweifelnden Frau, das zum ersten Mal bei dem niederländischen Dramatiker Macropedius in dessen lateinischer Schulkomödie ‘Aluta’ (1535. Neue Ausgabe von Bolte 1897 S. XX) auftritt. Die einfältige Bäurin Aluta betrinkt sich, nachdem sie ihre Hühner in der Stadt verkauft hat, im Wirtshause, wird auf dem Heimwege von zwei Gaunern ihrer Kleider beraubt und mit einem Netze bedeckt; als sie zur Besinnung kommt, kennt sie sich selbst nicht mehr und wankt ihrem Dorfe zu, um ihren Mann zu fragen, ob Aluta dort sei; der hält die Lallende für behext und ruft den Priester, um den unsaubern Geist zu beschwören. Macropedius und seine Nachahmer[2] schreiben also abweichend vom Volksmärchen die Entkleidung der Schlafenden nicht dem Manne, sondern zwei Diebsgesellen zu und lassen sie zum Schluß wieder bei ihrem Manne Aufnahme finden. Die neueren Aufzeichnungen dieses Märchens außer den beiden hessischen sind: Deutsch bei Haltrich ⁴ nr. 70 ‘Die faule Kathrin’. Hoffmeister S. 53 ‘Katherlieschen’. Kehrein S. 35 ‘Vom Hannes enn vom Alloche’. Firmenich 3, 511 ‘Wie Jriet sech self net mie kank’ = Gläbäcker Letscher 1877 S. 100. Firmenich 3, 475 ‘Hans sien Geesch’ = Jahrbücher f. d. Landeskunde von Schleswig 4, 162 nr. 69 (1861). Bartsch 1, 507 nr. 15 ‘Admann und seine Frau’. – Niederländisch bei De Mont en de Cock, Vertelsels S. 266 ‘Katrien’. – Dänisch bei Kamp 1, 56 nr. 5 ‘Hvordan Skomageren slap af med sin Kvinde’. – Norwegisch bei Molbech 1882 nr. 6 ‘Menden fra Ringerige og de tre Kjællinger’. Asbjörnsen-Moe nr. 10 ‘Es gibt noch mehr solche Weiber’ und nr. 32 ‘Gidske’. – Isländisch bei Rittershaus S. 352


  1. Wolf, Hausmärchen S. 430. Pröhle, Feldgarben 1859 S. 369. Jahn, Schwänke S. 67. Bl. f. pomm. Volksk. 4, 104. Berntsen 1, 48 nr. 5. Kristensen, Fra Bindestue 1, 86. Skattegraveren 1, 41. 12, 161. Sébillot, Joyeuses hist. p. 67. Revue des trad. pop. 23, 240. Schneller nr. 60, 3. Schullerus, Archiv f. siebenbg. Landesk. 33, 543. Wlislocki, Armenier nr. 46. Srpski dialekt. zbornik 2, 443 nr. 2. Hnatjuk, Geschlechtleben 2, 213 nr. 273. Türkisch Živ. Starina 20, 139 nr. 18 (Mann, dem die Halsschnur genommen).
  2. Vgl. Bolte zur Aluta S. XXI–XXIV. Dazu gehört auch Jan Soet, ’t Leven en Bedrijf van Clement Marot 1655 S. 140 = Der lustige Heer-Paucker 1672 S. 27 und die schottische Ballade von A. Geddes bei Chambers, Scottish songs 2, 316 (1829) = Fiedler, Schottische Liederdichtung 1, 125 (1846).
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_341.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)