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nachher begraben, und wenn Jemand in der Stadt auf den Tod liegt, da sagt man: „dort hat der Kärrner abgeladen,“ das Sumpfloch aber, worin er sein Grab fand, heißt noch heute das Kärrnerloch.


576) Der thörigte See bei Satzung.
Lehmann S. 205 sq. Novell. beh. v. C. Winter in d. Constit. Zeit. 1854 Nr. 200 sq. Poetisch b. Ziehnert Bd. I. S. 235 sq.

Oberhalb Satzung im erzgebirgischen Amte Wolkenstein liegt in einer öden morastigen Gegend eine kleine, nur 150 Ellen im Umkreis haltende Lache oder See, den man den thörigten nennt. Niemand geht gern in seine Nähe, denn seine Umgebung ist eine der traurigsten, die man sich denken kann, sein Wasser ist schwarz und schlammig, verbreitet einen häßlichen Geruch, nur einige kränkliche Kiefern wachsen an seinem Ufer und selbst das Moos, welches den Boden desselben bedeckt, erweckt einen traurigen Anblick. Einst hatte Veit Vogel von Satzung um selbige Gegend Vogel gestellt, da hat er von 9 bis 12 Uhr Mittags einen großen Tumult und Alarm von Jauchzen, Schreien, Geigen und Pfeifen gehört, daß es nicht anders geschienen, als werde eine Bauernhochzeit oder lustiges Banquet in dem See gehalten, dergleichen Freudengetön auch Andere zu anderer Zeit gehört haben. Einst hat ein Mann von Sebastiansberg, Georg Kastmann genannt, um diese Gegend Feuerholz gemacht. Zu diesem ist ein schöner Reiter auf einem großen Pferde geritten gekommen, mit einer langen Spießruthe in der Hand, der den Holzhacker gegrüßt und gefragt hat, ob er den thörigten See wisse? Da der Holzhacker ja geantwortet, hat ihm der Reiter ein Trinkgeld versprochen, wenn er mit ihm gehe und ihm den Ort zeige. Da sie nun Beide hingekommen, ist der Reiter vom Pferde gesprungen und hat gesagt: „ich bin ein Wassermann, mir ist mein Weib von einem andern Wassermanne entführt worden, ich habe sie in der weiten Welt in vielen

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 515. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_515.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)