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hatte, daß er keinem Gruße, selbst von Seiten solcher Personen, die mit ihm auf gleicher Stufe standen, zu danken sich herabließ. Dem begegnete einst ein eben so reicher Bergherr von Elterlein, Namens Wolf Götterer, und rief ihm ein freundliches Glückauf zu, allein Klinger hielt es abermals unter seiner Würde, dem Grüßenden zu danken, und so geschah es, daß Letzterer ihm darüber einige harte, beleidigende Worte sagte. So stolz nun der Hammerherr auch war, so rachsüchtig war er und er beschloß auf der Stelle, seinen Beleidiger für seine freimüthige Rede büßen zu lassen. Er theilte seinem Bruder seinen Plan mit, und nachdem sie eines Tages ausgekundschaftet, daß der Bergherr allein zu Hause sein werde, weil alle seine Dienerschaft zu einer Belustigung sich entfernt hätte, gelingt es ihnen, sich in die Wohnung desselben einzuschleichen, wo sie den Unglücklichen mit Beilhieben ermorden. Weit entfernt, ihr Verbrechen, dessen sie sich freuten, zu leugnen, stellen sie sich selbst dem Gerichte, welches sie zwar zum Scheine zum Tode verurtheilt, allein als sich der reiche Hammerherr erbietet, zur Sühne jenes Mordes eine Kirche zur Ehre des H. Oswalds zu erbauen und auch die Armen der Stadt reichlich zu bedenken, kein Bedenken trägt, die Todesstrafe in diese Geldbuße zu verwandeln. Auch fackelte Klinger nicht lange, sein Versprechen zu halten. Er ließ Arbeitsleute, so viele ihrer nur kommen wollten, für seinen Bau anwerben, Bauholz in seinen Wäldern schlagen und Steine in seinen Steinbrüchen brechen, zahlte mit vollen Händen, und es verging kein Jahr, da stand die Kirche fertig da. Nun ließ er es auch nicht an reicher Ausschmückung des Innern fehlen, Canzel und Altar waren von den geschicktesten Künstlern gearbeitet und mit der äußersten Pracht geziert, eine herrliche Glocke zierte den Thurm und Alles war zur Einweihung der Kirche in Bereitschaft. Siehe da zog an demselben Morgen, wo die Geistlichkeit sich anschickte, das neuerbaute Gotteshaus zu weihen, ein furchtbares Gewitter über das Thal herein, und sei es Vorgefühl dessen was kommen sollte, man zögerte, die Procession

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 474. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_474.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)