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366) Der Gottesleugner zu Nossen.
Knauth. Th. VII. S. 149.

Zu Nossen lebte im Jahre 1592 ein alter Zimmermann und Steinbrecher, Namens Walter Koch, der zeitlebens ein großer Verrächter des Gottesdienstes gewesen, auch binnen 32 Jahren niemals zur Beichte und Abendmahl des Herrn gekommen war. Dieser ward am 21. Juni des genannten Jahres gleich in der Mittagsstunde von einer alten Kirchmauer im Kloster Zelle, an der er hatte einbrechen helfen, erschlagen. Als man nun seinen Körper in einen Backtrog legte, ist selbiger alsbald zersprungen, darauf ist ein grausamer Wirbelwind entstanden, und als man ihm zu Grabe lauten wollte, ist der Klöppel in der großen Glocke ebenfalls zersprungen, weil er eines christlichen Begräbnisses nicht würdig gewesen.


367) Meineid bestraft.
Knauth. Th. VI. S. 159.

Im Jahre 1627 zankte sich Matthes Becker, Bauer zu Pappendorf, mit seinem Grenznachbarn, Christoph Dehnen, um ein geringes Wiesenflecklein, und als sie nicht verglichen werden konnten, nahm er es auf sein Gewissen. Darauf hat es ihm der, dem Unrecht geschah, in Gegenwart des Amtsschössers von Nossen, Matthäus Horn, und hiesiger Gerichten, mit diesem Glückwunsch cedirt und überreicht: „so nimm’s hin und laß Dir’s auf der Seele verbrennen.“ Von selbiger Zeit an ist gedachter Becker von Tage zu Tage schwermüthiger geworden, endlich am 28. August nächstfolgenden Jahres um Mitternacht aus dem Bette weggelaufen und hat sich ersäuft, maßen man ihn früh Morgens unter dem blauen Steine im Striegnitzthale todt angetroffen, nur ein Schlafmützlein und Hemd an sich habend.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_322.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)