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Da zertheilte sich einmal plötzlich der Felsen und aus dem steinernen Thore trat ein kleines Männchen hervor. Das war der Berggeist. Der sprach zu ihm: „Hans, ich will Dir helfen, aber Du mußt mir jede Schicht dafür ein Pfennigbrod und ein Pfenniglicht geben und keinem Menschen etwas davon sagen.“ Hans erschrak zwar, allein da er sah, daß derselbe guter Laune sei, so versprach er Alles. Der Berggeist verschwand und ließ ihm viel Silber zurück, Hans aber hatte nun immer Ueberfluß an Geld, ließ tüchtig aufgehen, hütete sich aber wohl, irgend Jemandem etwas von seiner Geldquelle zu sagen. Da kam das Stollnbier, an welchem die Bergleute gewöhnlich etwas über die Schnur zu hauen pflegen. Dies that leider auch Hans, und nicht lange dauerte es, so war er schwarz, vergaß sein dem Berggeist gegebenes Versprechen und erzählte seinen Genossen, was ihm begegnet war. Am andern Tage, als er nüchtern geworden, erinnerte er sich freilich an sein Geschwätz, allein er konnte das Gesagte nicht wieder zurücknehmen und fuhr mit Zittern und Zagen an. Sein Geschäft war aber, den Knechten, welche am Haspel standen, das Zeichen zu geben, allein dasselbe ließ an diesem Tage lange auf sich warten, man rief ihn zwar, aber es erfolgte keine Antwort. Plötzlich zuckte es am Seile, ein helles Licht erglänzte in der Teufe, und die Haspelknechte, die freilich nicht wußten, was das zu bedeuten haben könne, drehten gleichwohl geschwind den Rundbaum und bald war der Kübel zu Tage gefördert. Allein statt des Erzes lag in demselben der Bergmann Hans todt mit blauem Gesichte wie ein Erwürgter, auf ihm das letzte Pfennigbrod und rings um den Kübel brannten die Pfenniglichter, die er dem Berggeist geopfert hatte und die dieser jetzt samt dem todten Geber zurückgab.


288) Die Domkanzel zu Freiberg.
Mündlich.

Im Dom zu Freiberg befindet sich eine kunstreich gearbeitete Kanzel von 11 Ellen Höhe, welche die Gestalt des

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_263.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)