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von Freiberg, († 1520) hat einige Zeit zu Rom gelebt und sich daselbst in den Stand der Ehe begeben, nach dem Tode seiner Frau aber ist er in den geistlichen Stand getreten, nach Freiberg zurückgekehrt und daselbst Canonicus geworden (1508). Er hat aber dahin seine in Rom gezeugte Tochter, die ihrer Schönheit wegen die schöne Polyxena genannt ward, mitgebracht, welche ein Brauherr auf der Meißner Gasse Andreas Behem (Böhme) geheißen zur Frau nahm. Diese hat ihrem Ehemann auf Anstiften eines Soldaten (Martin Krebs), mit dem sie Ehebruch getrieben, erst Gift beigebracht, und als dasselbe nicht nach Wunsch wirken wollen, denselben, ob er wohl bettlägerig und contract worden, doch um ihn los zu werden, des Nachts mit dem Brodmesser erstochen, vorgebend, als wenn er solches aus Schmerzen und Ungeduld selbst gethan. Sie ist aber, weil man Verdacht geschöpft, eingezogen und den 3. Septbr. 1522 enthauptet und alsdann aufs Rad gelegt worden.


278) Der ungerathene Sohn, der zu Freiberg drei Jahre auf einer Stelle gestanden hat.

Moller a. a. O. S. 220 sq. Camerar., Horae subcis. III. pag. 124. Cur. Sax. 1736. S. 3. sq. (Hilscher). Das verwünschte Kind zu Freiberg Freib. 1747. 8. Poet. beh. b. Segnitz. Bd. I. S. 20.[1]

Im Jahre 1545 hat ein Bürger zu Freiberg, Namens Lorenz Richter, seines Handwerks ein Leineweber, welcher auf der Weingasse gewohnt, seinem vierzehnjährigen Sohne etwas zu thun befohlen. Als dieser nun nicht alsobald den Befehl vollzogen, sondern in der Stube eine Zeit lang stehen blieb, hat er ihn aus zornigem, ergrimmten Gemüthe verwünscht und gesagt: ei so stehe, daß Du nimmermehr fortgehen könntest! Auf diesen Fluch und Verwünschung des Vaters ist der Knabe auch stracks stehen geblieben, daß er nicht von der Stelle


  1. Eine ähnliche Sage von einem Kornwucherer aus Pöthen bei Halberstadt erzählt Knauth, Chronik des Klosters Zelle. Th. VIII. S. 285.
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_255.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)