Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 025.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wäre ganz eißgrau anzusehn, am Tische auf einem Stuhl gesessen, die Frau Gemahlin aber habe hinter ihm gestanden und fortgehend geweinet, und die Thränen mit einem seidenen Tuche abgetrocknet. Darauf hätte der gnädigste Churfürst ihn gefragt, was er da mache? was sein Thun und Nahrung und wie alt er wäre? Nachdem er ihn berichtet, habe er geantwortet: Du bist noch älter als ich und ich muß doch sterben, Du aber bleibest im Leben. Darauff dieser gesagt: Gnädigster Herr, der liebe Gott wird E. Durchlaucht wohl wieder zur Gesundheit verhelffen. Aber der Herr habe noch einmal geantwortet: Ich muß doch sterben und ihm unter diesen Worten D. Augusti Pfeiffers Buch: Anti-Melancholicus genannt gereichet und gesagt: Nimm hin dieß Buch und ließ fleißig darinnen, du wirst’s wohl bedürffen. Darauf hat dieser das Buch genommen und ist mit Thränen davon gegangen. Da er nun vom Schlafe erwachet, habe es ihm gedäucht, es sei alles wahrhaftig, und nicht im Traum geschehen. Und obgleich gute Freunde, welchen er diesen Traum erzählet, ihn bereden wollen, es werde des gnädigsten Landes Vaters langes Leben bedeuten, hat doch der Ausgang die Wahrheit genugsam erwiesen.


22) Churfürst Georg’s IV. Tod wird vorher verkündigt.
Vehse, Haus Sachsen Bd. IV. p. 196. 183. Maurer S. 392.

In einer alten Handschrift aus der Zeit des Todes Churfürst Georg’s IV. wird Folgendes erzählt: Den 22. April 1694 (also sechs Nächte vor dem Tode des Churfürsten) ist es sehr unheimlich im Dresdner Schlosse gewesen, und hat sich der Dresdner Mönch[1] als Anzeige eines hohen Todesfalles sehen lassen. Ein dem Churfürsten früher auf ebener Erde zugestoßener Sturz von einem Pferde ist gleichfalls für ein Todesanzeichen gehalten worden.


  1. Von diesem wird später die Rede sein.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_025.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)