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52) Die weiße Rose im Magdalenenstift.
Mitgeth. v. Hr. Dr. Löbe in Rasephas.

Von dem Magdalenenstifte in Altenburg geht die Sage, daß ein Erziehungsfräulein, welches an ihrem Platze in der Kirche eine weiße Rose finde, bald sterben müsse. Die Wahrheit dieser Sage[1] wird bezweifelt; wenigstens kann sie nicht sehr alt sein, denn erst die Herzogin Amalie stiftete 1830 ein Ehrenzeichen der vergoldeten Rose, welche Erziehungsfräuleins unter gewissen Bedingungen bei ihrem Abgange aus dem Stifte erhalten. Die weiße Rose soll also wohl darauf hindeuten, daß der Tod den Empfang des goldenen Ehrenzeichens unmöglich machen werde.


53) Die Sage vom Teufelsbruch.
Von Hrn. Dr. Löbe nach der Erzählung aus Volksmunde mitgetheilt in d. Mittheilungen aus dem Osterlande Bd. II. S. 201.

In der alten Zeit haben sich in diesem alten Steinbruche beim Dorfe Mockern südlich von Altenburg viele alte Männer und Weiber, die unsern Glauben nicht annehmen wollten, verkrochen, sie beteten hier ihre Teufel an, einen Schnegel, einen Bögel, einen Thorl, einen Crodel u. m. a. Sie haben Hexereien getrieben, alte Weiber haben hier zu Walpurgis und am Dreikönigstage gewahrsagt, auch das Vieh bezaubert; hierdurch sind die Leute furchtsam geworden und haben den Hexen,


  1. Ueber diese Sage wurde jüngst in der Altenb. Alterthumsforscher-Gesellschaft geäußert, sie sei kürzlich wieder in einem Unterhaltungsblatte erwähnt worden. Mehrfach angestellte Nachforschungen haben indeß für die Existenz derselben, wenn sie sich auch in mehreren (?) Sagenbüchern aufgenommen findet, kein Zeugniß aufbringen lassen, u. es muß daher dahin gestellt bleiben, ob nicht entweder die Sage überhaupt nur auf der Erfindung eines Sagensammlers beruht, oder ob sie an irgend einem katholischen Stifte gehaftet hat und nur in moderner Anwendung auf das hiesige Erziehungsinstitut – welches übrigens evangelisch ist – übertragen worden ist. Dieselbe Sage spielt bekanntlich zu Hildesheim (s. meine Preuß. Sagen Bd. II Nr. 1105. S. 898.)
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_369.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)