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unverhofftes Glück, das ihm statt seines strohenen Hütchens einen so großen Schatz finden ließ, stieg er nun wieder in der Felsenkluft empor, war ohne viele Mühe und ehe er es dachte, wieder oben auf dem Berge und eilte darauf mit seiner Baarschaft vergnügt nach Hause. Der andere Knabe, der mit diesem auf dem Berge war, hatte mit Ungeduld auf die Rückkunft seines Gesellen aus der Felsenkluft geharrt und beinahe schon gefürchtet, daß er wohl unglücklich gewesen sein könne. Doch als er ihn nun, nicht nur gesund und wohlbehalten, sondern sogar mit reichen Schätzen beladen, wiederkehren sah, und es obendrein diesen erzählen hörte, wie leicht und ohne Gefahr er dazu gelangt sei, so stieg auch in ihm der Gedanke auf, sein Glück bei jenen unterirdischen Schatzmeistern zu versuchen. Um auf ähnliche Art sich einen Weg dahin zu bahnen oder wohl gar seine Ankunft in jenem Unterreiche zu verkünden, warf er absichtlich sein Hütchen in die Felsenkluft hinab. Endlich nach langem beschwerlichen und gefährlichen Klettern gelang es auch ihm, den Eingang in den beschriebenen unterirdischen Felsenkeller wirklich zu entdecken. Doch nicht so günstig war sein Empfang, wie er nur kurz zuvor seinem Genossen zu Theil geworden war. Denn mit bösen und zürnenden Mienen sahen ihn die stummen Herren an dem großen runden Tische an und bedrohten ihn auf’s Strengste, wenn er es wagen wollte hineinzukommen, auch der feuerschnaubende Hund bewieß ihm schon von Weitem seinen ganzen Grimm. Eiligst und so geschwind als er nur konnte, machte der Knabe daher sich wieder auf die Beine und war nur froh, mit heiler Haut und lebendig davon gekommen zu sein. Nur mit Mühe konnte er aber den Weg rückwärts finden und die steile Höhe wieder erklimmen, von wo er nun noch obendrein ohne Hut nach Hause kehren mußte.

Ueberhaupt hat die Erfahrung gelehrt, daß diejenigen, die diesen Berg mit Willen aufsuchten und ihre Habsucht mit den darinnen befindlichen Schätzen recht geflissentlich zu befriedigen hofften, nie so glücklich waren, die sich zugeeigneten Schätze mit sich nach Hause zu nehmen. Ja ein Löbauer

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_179.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)