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Als er am andern Tage wieder zu derselben Stelle kam, lag abermals so ein Groschen da, den er aufhob und mitnahm. Dies wiederholte sich von nun an täglich. Just sammelte diese Groschen und hob sie gut auf, ohne Jemandem indeß etwas davon zu sagen. Nach längerer Zeit, während welcher er seine Spatzirgänge indeß täglich fortgesetzt hatte, fand er an derselben Stelle zwar keinen Groschen, aber es stand dafür ein Kelch da von Silber und vergoldet, und eine Stimme aus dem Berge rief: „da hast Du Deinen Becher, die Groschen sind alle!“ Er nahm den Kelch, legte zu Hause sämmtliche Groschen hinein und siehe, er wurde gerade davon gefüllt. Kelch und Groschen schenkte der fromme Just aber der Kirche; was aus den Groschen geworden, weiß man nicht, der Kelch aber wird noch heute in der Kirche zu Adorf benutzt.

Der Bauer Wollner aus Freiberg, der vor etwa 60–70 Jahren starb, sah einst in der Nacht ein kleines Männchen in grauer Kutte vor sein Bett kommen und wurde von demselben aufgefordert, mitzugehen. Wollner verweigerte es, aber das Männchen kam immer und immer wieder. Endlich befragte sich Wollner bei den Geistlichen in Adorf und bat um Rath. Dieselben konnten ihm aber auch nicht helfen, sondern meinten, er solle thun, was ihm gut dünke, nur solle er, wenn er mitgehe, den lieben Gott nicht vergessen und fleißig beten. Wollner entschloß sich, endlich mitzugehen, vorher aber genoß er das heilige Abendmahl. Als in der nächsten Nacht das Männchen kam, kleidete er sich in seinen guten Kirchenrock und folgte. Das Männchen ging voran, eine Laterne hatte es nicht, gleichwohl war es hell um dasselbe, während ringsum Finsterniß herrschte, und Wollner konnte Weg und Steg gut sehen. Er ging hinab ins Thal, immer auf das alte Haus zu. Dort angelangt, führte eine Schlucht in den Berg. Das Männchen öffnete eine große eiserne Thüre, weiter ging’s durch einen langen Gang in unterirdische Gewölbe, die wieder mit eisernen Thüren verschlossen waren; endlich traten sie in einen großen hell erleuchteten Saal

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_032.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)