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nur ein einziges höchstes Ideal geben kann, wäre die weitere Konsequenz die ewige, fast gleichartige Wiederholung des einen Typus, also die zur höchsten Potenz gesteigerte Langeweile, die bekanntlich der Tod jeder Kunsttätigkeit ist. Der Künstler, wie der Kunstgewerbler wird somit mit vollem Rechte gewisse Freiheiten in Anspruch nehmen dürfen, und wir gewähren sie ihm auch gerne, wenn er uns für manche Seitensprünge durch Offenbarungen seines starken Könnens reichlich entschädigt. Wenn also auch starre Regeln nicht aufgestellt werden sollen, so erscheint es doch gewiß nichts weniger als überflüssig, gewisse Richtlinien zu ziehen, an die sich die weitaus die Majorität bildenden Schwächeren beiläufig halten können. Dem ratsuchenden Publikum darf man in Stil- und Geschmacksfragen jedenfalls keinen zu engmaschigen Katechismus in die Hand geben, wie dies schon so oft geschah, sondern nur, wie dies hier versucht wurde, einen allgemeinen Leitfaden, dessen Verbreitung alle wirklich mit Qualitätswerten arbeitenden guten Künstler, Kunsthandwerker und Industriellen bisher bereits durchwegs dankbar begrüßt haben.

Noch gegen einen Einwurf, der etwa erhoben werden könnte, gibt es einige Worte der Entgegnung zu sagen. Guter Geschmack, so werden manche behaupten, könne nie Sache des ganzen Volkes, der Allgemeinheit werden; schade um jede Agitation in diesem Sinne. – Solche Pessimisten mögen ja Recht haben, aber darum wäre es doch eine grobe Unterlassungssünde, überall und zu jeder Zeit den

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Gustav Edmund Pazaurek: Geschmacksverirrungen im Kunstgewerbe. Stuttgart 1919, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschmacksverirrungen_20.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)