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Leonhard Ennen: Geschichte des Kölner Stadtarchivs. In: Archivalische Zeitschrift. II. Band. S. 89-109

über das blühende Gemeinwesen brachten, die Einwohnerschaft in schrecklichem Blutbade mehr als decimirten, die Ringmauern, die Kirchen, die öffentlichen Gebäude, die Privatwohnungen und Kunstdenkmale fast sämmtlich in Schutt und Trümmer legten, werden auch die meisten in den Archiven der Klöster, Kirchen und öffentlichen Gebäude aufbewahrten Schriftstücke in dem allgemeinen Verderben zu Grunde gegangen sein.

Langsam begann die Stadt wieder aus der grausigen Verwüstung empor zu wachsen. Das Gemeinwesen erhob sich zu rüstiger Kraft, das bürgerliche und kirchliche Leben entfaltete sich zu glänzender Blüthe. Köln dehnte seinen Bering nach aussen immer weiter aus und zog die um die alten Mauerreste liegenden Dörfchen und Vorstädte in den städtischen Bezirk. Eine Centralisation der Rechtspflege und bürgerlichen Verwaltung widersprach den damaligen Verhältnissen und Zuständen. Jeder Pfarrbezirk hatte seine besondere Verwaltung, und die einzelnen Gerichte waren mit der Rechtspflege der in ihrem Bezirke eingesessenen Einwohner betraut. Darum gab es auch keinen Sammelpunkt für die öffentlichen Urkunden und Schriftstücke; diese waren zerstreut in den Gerichtshäusern, Schreinen und Stiftern. Nur in Sachen, die unter den Gerichtsbann des Burggrafen oder unter die geistliche Jurisdiction des Bischofs fielen, hatten sämmtliche Gemeinden der Vorstädte wie der Altstadt gemeinschaftliches Forum. Im erzbischöflichen Saale befand sich das Archiv für die Schriftstücke dieses Gerichts. Ein drittes gemeinschaftliches Band waren das Schutzverhältniss, in welchem die Kölner Einwohnerschaft zum edlen Vogt stand. Der Vogt hatte die Pflicht, die Rechte der Stadt zu schützen und ihre Privilegien zu conserviren. Er hatte seinen Sitz in einem festungsartigen, mit Thürmen versehenen Hofe am Lorenzplatz, dem späteren Hause »zur Stesse«. In dem Gewölbe dieser Burg hielt er die städtischen Freibriefe bewahrt.

Anders stellte sich die Sache, als die eigentliche Verwaltung sich immer mehr den Amtleuten und Schöffen der einzelnen Burhäuser entzog und in die Hände des allmählich sich zu einer Centralbehörde gestaltenden Rathes überging. Die Stadt schüttelte jetzt die Abhängigkeit vom Erzbischofe ab, und der Rath übernahm die selbständige Leitung des ganzen grossen blühenden Gemeinwesens. Die Freiheiten und Privilegien der Stadt mehrten sich. In einer Zeit, wo die Erzbischöfe Alles aufboten, um die Stadt wieder in

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Leonhard Ennen: Geschichte des Kölner Stadtarchivs. In: Archivalische Zeitschrift. II. Band. S. 89-109. Stuttgart: W. Spemann, 1877, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_K%C3%B6lner_Stadtarchivs_(Leonhard_Ennen).djvu/04&oldid=- (Version vom 18.8.2016)