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Namensschwestern, ja im Verhältniß zu diesen auf Velin gedruckt zu werden.[1]

Daß wir an einem der Gewandhausconcertabende auch sämmtliche Ouverturen, die Beethoven zu seinem Fidelio geschrieben, zu hören bekamen, ist schon früher angezeigt worden, zugleich mit freudiger Anerkennung dieser großen Leistung seitens des Orchesters.[H 1] Den Leser über diese vier Ouverturen und ihr Verhältniß zu einander aufzuklären, mag hier Folgendes bemerkt sein: Die an jenem Abende als Nr. 1 aufgeführte ist bereits bei Haslinger in Wien in Partitur erschienen mit dem Beisatz auf dem Titel „aus dem Nachlaß;“ sie geht aus C dur und ist wohl die erste überhaupt, die Beethoven zu seiner Oper schrieb, und die bei ihrer ersten Aufführung wenig gefallen haben soll. Die als Nr. 2 gespielte befindet sich noch im Manuscript im Besitze der HH. Breitkopf und Härtel, geht ebenfalls aus C, und ist offenbar das Original, nach welchem Beethoven später die bekannte große bei Breitkopf und Härtel in Partitur erschienene arbeitete; die 4te endlich ist jene leichtere in E dur, die man gewöhnlich in den Theatern hört. Möchten sich doch die verschiedenen Verleger vereinigen zu einer Ausgabe sämmtlicher vier Ouverturen in einem Band; für Meister und Schüler wäre solch ein Werk ein denkwürdiges Zeugniß einestheils des Fleißes und der Gewissenhaftigkeit, anderntheils der wie im Spiel


  1. Es ist die seitdem gedruckte in A dur.

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Anmerkung 51: Zu dieser ursprünglich nicht beabsichtigten Aufführung aller vier Ouvertüren gab ein Zufall die Veranlassung. Ein fremder Violinist war im ersten Theil des Concerts mit so entschiedenem Mißerfolg aufgetreten, daß er sich ganz sachte auf und davon machte und im zweiten Theil nirgends zu finden war. Um die dadurch entstandene Programmlücke auszufüllen, entschloß sich Mendelssohn kurz, den im ersten Theil bereits gespielten zwei Ouvertüren auch noch die beiden letzten – ohne vorherige Probe – folgen zu lassen. –
    Ueber die Reihenfolge, in der die vier Fidelio-Ouvertüren entstanden, hat erst Nottebohm das Richtige festgestellt. („Beethoveniana“.) Die jetzt als die erste bezeichnete Ouvertüre erschien 1832 bei Haslinger im Druck und erhielt die Werkzahl 138. Bis dahin kannte man in Wien nur zwei Leonoren-Ouvertüren: die als Nr. 3 bezeichnete aus dem Jahre 1806, und die vierte (E dur) aus dem Jahre 1814. Von der wirklich ersten, im Jahre 1805 geschriebenen Ouvertüre hatte man keine nähere Kenntniß. Diese wurde erst durch die Leipziger Aufführung vom 9. Januar 1840 bekannt. Mendelssohn kannte im Jahre 1835 nur zwei Ouvertüren zu Fidelio: die große in C (Nr. 3) und die vierte in E. Als er damals von einer „dritten“ Ouvertüre reden hörte, die Haslinger im Manuscript besitzen solle, wandte er sich an Aloys Fuchs um eine Abschrift der Partitur, die aber nicht zu erlangen war. Unterm 13. April 1838 schrieb Mendelssohn an Fuchs: „Sie könnten mir gewiß sagen, ob irgendwo noch ein Exemplar von der Beethovenschen Ouvertüre zu Leonore existirt, welche (wie es scheint) zu der großen aus C dur (bei Breitkopf und Härtel) die erste größere und schwerere Bearbeitung ist, mit demselben Thema, demselben Schluß, dem Trompetenstoß in der Mitte etc. Durch Herrn Schindler in Aachen haben Breitkopf und Härtels hier eine Abschrift dieser Ouvertüre, mit Bemerkungen von Beethovens Hand darin – aber am Ende fehlen 2–4 Seiten, und Herr Schindler behauptet, die seien nirgend zu finden, da diese Abschrift das einzige sei, was von der Ouvertüre existire. Ist das wahr? Oder wissen Sie Mittel und Wege, das Fehlende aus irgend einer andern Abschrift oder gar aus dem Manuscript zu ersetzen? Es sind die letzten 200 oder 300 Tacte (nach dem Eintritt des letzten Presto), von denen es sich handelt.“ Fuchs’ Nachforschungen waren erfolglos. So füllte denn Mendelssohn zu der ersten Aufführung dieser Ouvertüre (9. Januar 1840) die Lücke der Partitur durch eine entsprechende Stelle aus der dritten Ouvertüre aus, die auch in die, 1842 durch Breitkopf und Härtel veranstaltete Ausgabe aufgenommen wurde. II.524 Commons