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Es thut ihm dies Niemand so leicht nach. Im vollen Glanze seiner Virtuosität zeigte er sich noch im Schlußstück, dem Hexameron, – einem Variationencyklus von Thalberg, Herz, Pixis und Lißt selbst. Man muß es bewundern, wo L. noch die Kraft hernahm, das Hexameron zur Hälfte zu wiederholen und dann noch den Galopp zur Freude des Publicums. So gern hätte ich gewünscht, daß er auch von Chopin’s Compositionen, die er unvergleichlich und mit größter Liebe spielt, öffentlich vorgetragen hätte. Auf seinem Zimmer gibt er freundlich alles was man von Musik von ihm zu hören wünscht. Wie oft hab’ ich ihm da mit Bewunderung zugehört![H 1]

Dienstag Abend verließ er uns.




Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Anmerkung 50: Schumanns Briefe an seine Braut enthalten Näheres darüber. Am 18. März schrieb er: „Mit Liszt bin ich fast den ganzen Tag zusammen. Er sagte mir gestern, ‚mir ist’s als kennte ich Sie schon 20 Jahre‘ – mir geht es auch so. Wir sind schon recht grob gegen einander, und ich hab’s oft Ursach, da er gar zu launenhaft und verzogen ist durch Wien. Wie er doch außerordentlich spielt und kühn und toll, und wieder zart und duftig – das hab’ ich niemals gehört. Aber Clara, diese Welt ist meine nicht mehr. Die Kunst, wie Du sie übst, wie ich auch oft am Clavier beim Componiren, diese schöne Gemüthlichkeit gäb’ ich doch nicht hin für all’ seine Pracht; und auch etwas Flitterwesen ist dabei. Laß mich darüber heute schweigen.“ Am 20.: „Heute früh hätte ich Dich zu Liszt gewünscht. Er ist doch gar zu außerordentlich. Er spielte aus den Novelletten, aus der Phantasie, der Sonate, daß es mich ganz ergriff. Vieles anders, als ich’s mir gedacht, immer aber genial und mit einer Zartheit und Kühnheit im Gefühl, wie er sie wohl auch nicht alle Tage hat. Nur [E. A.] Becker war dabei, dem standen die Thränen in [524] den Augen … Das zweite Concert gab er noch nicht und legte sich lieber ins Bett und ließ zwei Stunden zuvor bekannt machen, er wäre krank. Daß er angegriffen ist und war, glaub’ ich gern. Lieb war es mir, weil ich ihn nun den ganzen Tag im Bett habe und außer mir nur Mendelssohn, Hiller und Reuß zu ihm können … Glaubst Du wohl, daß er in seinem Concert ein Härtelsches Instrument gespielt hat, das er vorher noch niemals gesehn? So etwas gefällt mir nun ungemein, dies Vertrauen auf seine guten zehn Finger.“ Am 22.: „Dir aber sag ich’s, Liszt erscheint mir alle Tage gewaltiger. Heute früh hat er wieder bei Raimund Härtel gespielt, daß wir alle zitterten und jubelten, Etüden von Chopin, ein Stück aus der Rossinischen Soiréen und Mehreres noch.“ II.523–524 Commons