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und ablösen. Im Thema erkennt man den Wiener; seine Verschränkung in das zweite Thema hinein mag artig genug klingen. Rosalien,[H 1] wie sie häufig hier anzutreffen, wünschten wir weniger. Neue Instrumentaleffecte enthält die Symphonie wohl keine; die Massenzusammenstellung erscheint aber geschickt gemacht, wie das Obligate im Charakter der Instrumente hervortretend. Die Harmonie ist ziemlich kräftig und rein.[H 2] Wir rufen dem Componisten ein munteres Vorwärts zu. „Der Himmel kommt nicht zu uns herab; es sei denn, daß wir zu ihm hinaufklimmen“.

Ueber die Symphonie von Reißiger,[1] seine erste, von ihm ebenfalls zur Wiener Preisbewerbung eingeschickt, läßt sich kaum etwas sagen, was sich nicht Jeder über diesen Componisten schon selbst gesagt; sie ist, wie seine andern Werke, durchaus klar und einschmeichelnd und von so kleiner, niedlicher Form, daß man sie eher eine Sonate für Orchester nennen möchte. Im ersten Satz erhalten wir nach einer kurzen, herkömmlich pathetischen Einleitung zu Anfang eines jener Violinthema’s in raschen Figuren, wie sie namentlich Spohr eigen, hierauf ein zartes, leichtes Gesangthema, in der Mitte ein kurzes Fugato, dem mit wenig Veränderung die Transposition des ersten Drittels sich anschließt. Im Adagio zeigt sich der liebliche Liedercomponist, der


  1. 1ste Symphonie für das Pianoforte zu 4 Händen eingerichtet. Werk 120.

Anmerkungen (H)

  1. [WS] „Rosalie“, auch „Vetter Michel“ oder „Schusterfleck“ sind abfällige Bezeichnungen für die ein- oder mehrmalige Wiederholung (auch „Sequenz“ genannt) eines Melodieabschnitts (in der Regel inklusive der Begleitstimmen) um jeweils einen Ton transponiert – heutigen Tages oft in der Schlagermusik verwendet. Der Name „Rosalie“ geht auf das italienische Volkslied „Rosalia mia cara“ zurück, in dem die fragliche Sequenzierung musterhaft vorkommt.
  2. [GJ] Hier war noch angefügt: „bis auf eine Octavenparallele S. 19, in den zwei letzten Tacten, die schwerlich vom guten Meister gebilligt würde, und den Querstand S. 45, vorletzter Tact, der zum wenigsten befremdet.“ Diese Bemerkung veranlaßte Preyer zu einer „Berichtigung“ (Allgem. musik. Ztg. S. 804 Google), worin die Octavenparallele als Stichfehler bezeichnet wurde, der nicht dem Componisten sondern dem Corrector zur Last falle. Schumanns „Erwiderung“ darauf (XI, 132 Google und Allgem. Musik. Ztg. S. 841 Google) lautet: „In der letzten Nummer der Allgem. Musikal. Zeitung beklagt sich Herr G. Preyer, Professor am Conservatorium in Wien, daß der Recensent seiner Symphonie in unserer Zeitschrift einen in drei verschiedenen Stimmen stehenden Fehler nicht auch gleich als drei Druckfehler erkannt. In Werken großer Geister nur eine Note als falsch zu bezeichnen, ist gefährlich, geschweige denn dieselbe Note dreimal an derselben Stelle wiederholt. In der That, risse die Fehlerhaftigkeit in Partituren so weit ein, daß man selbst einer dreifach bestätigten Note keinen Glauben schenken dürfte, es wäre besser, man versenkte sie in die Tiefe des Meeres. Ist es nun schon eine Anmaßung, [517] von Anderen Scharfsicht zu verlangen, wo der Componist, der doch gewiß seine Symphonie selbst corrigirt, selbst keine bewiesen, so vollends an jener Stelle, die auch, wie sie nun steht, nur wenig meisterhafter geworden, wie denn das jetzt corrigirte g, das nach f geht, mit dem nach c gehenden d in der zweiten Violine eine Quinte bildet, wie wir sie wohl einem Straußschen Walzer nachsehen, einer Symphonie aber nicht. Herr G. Preyer hätte also besser gethan, den Vorwurf in jener Recension, deren Milde er überhaupt nicht verstanden zu haben scheint, mit Stillschweigen zu übergehen, als sich gereizt zu zeigen und überall den beleidigten großen Componisten durchblicken zu lassen, zu dem allerwege noch mehr gehört, als Octaven und Quinten vermeiden. Die Redaction d. neuen Zeitschr. f. M.“ II.516 Commons