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nie gesehene Dinge in seinem Schooß verbirgt, von denen uns schon der prophetische Geist Beethovens hier und da berichtete, und die der hehre Jüngling Franz Schubert nacherzählte in seiner kindischen, klugen, mährchenhaften Weise. Denn wie es in der Dichtkunst Jean Paul war, der, nachdem er in die Erde gesenkt war, wie ein heilbringender Quell in Schachten fortströmte, bis ihn zwei Jünger, die ich nicht zu nennen brauche, wieder an’s Sonnenlicht leiteten und begeistert, nur zu heftig verkündeten, „es beginne eine neue Zeit” — so war es in der Musik Beethoven. Unsichtbar wirkte er wie eine Gottheit in einzelnen Geistern fort und gebot ihnen, den Augenblick nicht zu versäumen, wo der Götzendienst, dem die Masse lange, leere Jahre sich hingegeben, gestürzt werden könne. Und er empfahl ihnen, den Kampf zu bestehen, nicht die sanfte glatte Sprache des Gedichts an, sondern die freie ungebundene Rede, mit der er selbst schon oft gesprochen, und die jungen Geister bedienten sich ihrer in neuen und tiefsinnigen Formeln.

Die Altweisen lächelten sehr und meinten wie der Riese in Albano’s Traum: „Freunde, hier geht kein Wasserfall hinauf![H 1] Die Jünglinge aber meinten: ei, wir haben Flügel! — Einzelne im Volke nun hatten die junge Stimme vernommen und sprachen „hört, hört!” Dieser Augenblick steht jetzt in der Welt still. –

Florestan.




Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Jean Pauls „Titan“, im 99. Zykel.