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Dies angenommen, möchte uns der Componist später lieber Anlaß zum Zügeln als zum Anspornen geben!

Will man aber im Triostyl sicher und rund schreiben lernen, so nehme man sich z. B. die neuesten Trio’s von Reißiger[H 1] zum Muster. Denk’ ich überhaupt an diesen Componisten, so reihen sich gleich die Worte „lieblich, naiv, schmuck“ und wie alle die Attribute jener kleineren Grazien heißen, die sich Reißiger zum Liebling auserlesen, wie zu einer Blumenschnur aneinander. Sobald sie ihn bei glücklicher Stimmung treffen, so kann man auf angenehme Unterhaltung rechnen; wendet er sich aber von ihnen und versucht sich tragisch oder humoristisch, so verfällt er leicht in ein gewisses theatralisches Declamiren oder (im letzten Falle) in einen oberflächlichen Balletton. So gefällt mir denn das achte Trio, [H 2]] wo er sich von beiden Extremen fern gehalten, ausnehmend und beinahe mehr als die vier früheren, die ich von ihm kenne. Da werden keine großen Anstalten gemacht und Stühle zurecht gesetzt; man steht unversehens vor einem Weltmann, der uns in glatter Sprache etwa von Reisen oder berühmten Menschen unterhält, nirgends anstrengt, und bis zum Schluß aufmerksam erhält, wenn auch, wie nicht zu leugnen, mehr durch die Anmuth seines Vortrags, als den Schwergehalt der Gedanken. Daß sich ein solcher Charakter viele Freunde erwerben wird, muß man natürlich finden und wir sind weit davon, die Liebe Mancher zu so geselliger Musik anzugreifen; nur verachte man auch nicht Einen, der

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Carl Gottlieb Reißiger (1798–1859), deutscher Dirigent und Komponist.
  2. [GJ] Werk 97, F dur. [WS] Klaviertrio Nr. 8 F-Dur op. 97 IMSLP.