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und giesse über das Bild etwas Morgenroth und man hat eines vom Trio. Es gefällt mir durchweg in der Anlage, wie im Ausbau; ja ich möchte den Componisten den Mendelssohnschen Charakteren, die den Sieg über die Form schon im Mutterschooß errungen, beizählen und ich hoffe, er täuscht uns nicht in unseren Erwartungen über sein künftiges Künstlerwirken, das überall Freude und Leben verbreiten müsse. Gibt es nämlich sicher unter dem jugendlichen Neuwuchs manche Höherstrebende und Fliegende, so selten gewiß einen, der ihm ähnlich mit solcher Kraft wie Bescheidenheit, was er in sich aufgenommen, nach Außen zu bringen wüßte: „in sich aufgenommen“ aber sag’ ich; denn allerdings treffen wir in dem Trio auf keinen seltenen Zustand, keinen groß-eigenthümlichen Styl, stets aber auf Allgemein-Gültiges und Echt-Menschliches; es ist eine musterhafte Studie nach den besten Meistern: überall Liebe zur ergriffenen Kunst, Talent, ja Weihe. Dies thut wohl und soll anerkannt werden.

Am musikalischsten bewegt sich der erste Satz; hier fügt sich ziemlich Alles glücklich und organisch aneinander. Manches glaubt man schon, namentlich im Beethoven und Ries,[H 1] gesehen zu haben; doch fällt es nicht so auf, daß man es buchstäblich nachweisen könnte. Der Gesang des Satzes ist meistens leicht und edel; das Hinwenden in die Themas bürgt für kommende Meisterschaft. Die Wirkung, trotz einer beinahe heftigen Molltonart, ist stärkend und vollständig.

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Ferdinand Ries (1784–1838), deutscher Komponist, Pianist und Dirigent.