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Kern der Idee angreife, so versteht es sich von selbst, daß damit ein übrigens musikalisches Meisterwerk nicht verdächtigt werden kann.

Beethoven hat gar wohl die Gefahr gekannt, die er bei der Pastoral-Symphonie[H 1] lief. In den paar Worten „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“, die er ihr voransetzte, liegt eine ganze Aesthetik für Componisten, und es ist sehr lächerlich, wenn ihn Maler auf Portraits an einem Bach sitzen, den Kopf in die Hand drücken und das Plätschern belauschen lassen. Bei unsrer Symphonie, däucht mir, war die ästhetische Gefahr noch größer.

Hat sich jemals einer von den Andern abgesondert, ist sich irgend jemand treu geblieben vom ersten Ton an, so ist es Spohr mit seiner schönen ewigen Klage. Wie er nun aber Alles wie durch Thränen sieht, so laufen auch seine Gestalten zu formenlosen Aethergebilden auseinander, für die es kaum einen Namen giebt; es ist ein immerwährendes Tönen, freilich von der Hand und dem Geist eines Künstlers zusammengefügt und gehalten — nun, wir wissen es Alle. — Da wirft er späterhin seine ganze Kraft auf die Oper. Und wie einem überwiegend lyrischen Dichter, sich zu größerer Kraft des Gestaltens zu erheben, nichts Besseres anzurathen ist, als dramatische Meister zu studiren und Selbstversuche[H 2] zu machen, so ließ sich vermuthen, daß ihn die Oper, in welcher er Begebenheiten folgen, Handlung und Charaktere durchführen mußte, aus seiner schwärmerischen Eintönigkeit herausreißen würde. Jessonda[H 3] ist ihm aus dem Herzen

Anmerkungen (H)

  1. [WS] 6. Sinfonie F-Dur op. 68, die Pastorale (1807–1808).
  2. [GJ] selbst Versuche
  3. [WS] Jessonda, eine Oper mit Tanz in drei Akten von Louis Spohr, Uraufführung am 28. Juli 1823 in Kassel.