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seinen eigenen Vikar oder Kaplan, dessen Ernennung sich der Markgraf vorbehalten hatte. Doch behauptete die Mutterpfarrei Sachsen noch weiter wichtige Rechte. So durfte der Kaplan an den „Hoch–Zeiten“, d. h. an Weihnachten, Ostern und Pfingsten, weiter an Mariae Reinigung (Lichtmeß), an Himmelfahrt und Fronleichnam, dann am St. Albans- und St. Stephanstag in Brodswinden nicht amtieren, sondern die Leute mußten nach Sachsen zur Hauptkirche gehen. Weiter durfte der Kaplan nicht Beichte hören, nicht taufen, nicht „einleiten“ (Brautleute trauen), niemandem ohne Erlaubnis des Pfarrers von Sachsen die „Sakramente“ reichen (heiliges Abendmahl und Letzte Ölung). Ferner hatte der Pfarrer noch Anspruch auf bestimmte Einkünfte (1491: 2 fl. aus der Stiftung, 15 Käse und 3 Pfund Flachs aus den anfallenden Opfern). Mit der Einführung der Reformation kamen alle diese Sonderrechte von selbst in Wegfall; Brodswinden wurde mit seinen zugehörigen Orten selbständige Pfarrei. Nur die Toten wurden noch bis 1611 in Sachsen begraben.

 So hatte sich schon in der alten Zeit eine Tochtergemeinde nach der anderen von der Mutterkirche gelöst. In der neuen Zeit folgten noch einige Ortschaften nach, wie später berichtet werden wird (S. 163).


11. Der Pfarrhof

 Bei der Kirche mußte stets ein Pfarrhof stehen. Nicht nur ein Pfarrhaus zur Unterkunft für den Pfarrer und seine Kapläne, die er zur geistlichen Versorgung der weitverzweigten Pfarrei brauchte, sondern ein größerer Hof mit den notwendigen landwirtschaftlichen Gebäuden, mit Garten und Hofrait, genau wie bei den damaligen bäuerlichen Siedlungen. Denn der Pfarrer mußte sich selbst versorgen und dazu die Grundstücke der Pfarrei selbst bebauen, einen gewissen Viehstand halten und dazu wieder das erforderliche Dienstpersonal einstellen. Daraus ergibt sich, daß es ein richtiger Pfarr-„Hof“ sein mußte.

 Wo stand nun der alte Pfarrhof? Soviel steht fest, daß er ursprünglich nicht an der Stelle stand, wo er sich heute befindet. Eine Aufzeichnung in den Akten der Pfarrei vom Jahre 1511 sagt: „Dieser Pfarrhof ist vor vielen Jahren ein Bauernhof gewesen“; und weiter wird hinzugefügt, daß vordem das ganze Dorf abgebrannt sei samt dem Pfarrhof und daß darauf die Nürnberger letzteren auf