Anonym: Gedanken eines Layen, über den in des 4ten Bandes 2ten Hefte des Journals v. u. f. Franken eingerückten Aufsatz | |
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wenn er schon weiß, daß der gelehrte Mann bey seiner Defension pro Licentiatu Theologiae nicht eine einzige Frage gelöset, und seinem Herrn Präses die Sätze allein zu vertheidigen überlassen hat.
Das gerügte Geschichtchen vom Beichtstuhle will ich mit Stillschweigen umgehen: ich will nichts davon sagen, daß ein gewisser Pfarrer ohnweit W. im O. G. ein großer Liebhaber vom andächtigen weiblichen Geschlechte gewesen, und daher alle frommen Seelen in der ganzen Gegend zu Beichtkindern gehabt habe, die er in drey Klassen eingetheilet: die von der ersten Klasse, welche unter die vollkommensten im Geiste gerechnet wurden, hatten die Erlaubniß öfters die Woche hindurch, (denn alltäglich scheint mir gar zu arg) zu Gottes Tische zu gehen: denen von der zweyten Klasse, welche hie und da noch in geringe menschliche Schwachheiten fielen, wurde der Zutritt alle 14 Tage gestattet: diejenigen aber, so noch mit Todsünden in der Beicht angestochen kamen, mußten sich vier Wochen lang des heil. Abendmahls enthalten.
Diese Einrichtung war so auffallend, so allgemein bekannt, daß Jedermann auf den Seelenzustand sothaner Beichtkinder schließen
Anonym: Gedanken eines Layen, über den in des 4ten Bandes 2ten Hefte des Journals v. u. f. Franken eingerückten Aufsatz in: Journal von und für Franken, Band 6. Raw, Nürnberg 1793, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gedanken_eines_Layen,_%C3%BCber_den_in_des_4ten_Bandes_2ten_Hefte_des_Journals_v._u._f._Franken_einger%C3%BCckten_Aufsatz.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)