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hatte, weil er und sein Wille ein guter war, so hat er diese Herrschaft auch gottgemäß ausüben können. Andernteils ist die Kreatur mit ihm in Harmonie, seine Herrschaft ist also eine milde, auf freier Unterwürfigkeit der Kreatur beruhende, wie man aus der Namengebung der Tiere sieht; denn das Vorübergehen der Tiere ist gleichsam eine Huldigung, welche die Kreatur dem Menschen darbringt. Es bleibt dieses Dominium fortbestehen, aber es hat seinen ethischen Charakter verloren durch die Sünde, denn als Gott den Menschen nach der Sintflut wiedereinsetzt zum Herrn über die Kreatur, da hat er freilich ihm einen ähnlichen Segen gegeben, der sich aber doch von dem Schöpfungssegen unterscheidet, wie es die veränderte sittliche Stellung des Menschen mit sich brachte. Alles ist hier auf einer niedrigeren Stufe, auch der göttliche Segen. Man sieht, daß der Mensch auch aus dem Schöpfungssegen gesunken und gefallen ist. Die Nahrung, die er nun zu sich nehmen darf, die Fleischnahrung, der Genuß des Weins, das alles deutet auf eine Verringerung, ja auf eine Korruption des Wesensbestandes der Menschen und der Kreatur, und so auch des Dominiums. Es ist noch da, aber es wird anders ausgeübt. Es heißt nicht mehr: Herrschet über sie, sondern: Eure Furcht und Schrecken sei über der Kreatur; die Herrschaft ist aus einer milden eine tyrannische geworden. Auch die schaffende Thätigkeit ist ihm geblieben, die auch ein Abbild des göttlichen Schaffens ist. Aber statt der mühelosen Thätigkeit im Paradies ist ihm jetzt die Arbeit im Schweiße seines Angesichts verordnet und die Fortpflanzung des menschlichen Geschlechtes geschieht unter Weh und Schmerz des Weibes bei der Geburt und ist auch behaftet mit der Erbsünde (siehe Vilmar, Dogmatik I, 340–345!) –


§ 16.
Von der Gottesebenbildlichkeit, sofern sie ethisches Ziel des Menschen ist und das bezeichnet, was er werden soll und kann.

 Zwischen dem Anfangszustand und dem Endziel der Vollendung, der Verwirklichung der Idee des Menschen, liegt notwendig eine Geschichte seiner Entwicklung. Diese konnte nun normal sein oder abnorm, und das letztere ist in Wirklichkeit eingetreten. Wie es im ersteren Fall geworden wäre, kann man nur durch Rückschluß aus dem Ziel des wieder erneuten Menschen sehen. Er sollte aus einem natürlichen ein geistlicher Mensch werden, d. h. von Stufe zu Stufe, nachdem