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 Ein Stück des göttlichen Ebenbildes, welches auch mit der Persönlichkeit des Menschen gesetzt ist, ist die schaffende Kraft des Menschen; denn wie Gott die Welt schafft, so soll der Mensch den Garten bauen und bewahren. Das ist ein Abbild der schaffenden und regierenden Thätigkeit Gottes. Der Mensch hat die Aufgabe, sich die Welt unterthänig zu machen durch die Kultur. Diese Thätigkeit ist in noch höherem Grad ein Abbild des göttlichen Schaffens.

 Zur Gottesebenbildlichkeit des Menschen gehört auch die ihm verliehene schöpferische Fähigkeit, das Ebenbild Gottes auf ein Geschlecht von Nachkommen fortzupflanzen. Die Heraussetzung der zweiten Hypostase aus der ersten, d. h. die Zeugung des Sohnes vom Vater, der nach Hebr. 1, 3 ἀπαύγασμα, Abglanz seiner Herrlichkeit und Ebenbild seines Wesens ist, wäre dann als der Typus des menschlichen generare hingestellt, welches man ja mit Recht ein kreatürliches creare genannt hat. Diese Fortpflanzung seines Ebenbildes von seiten des Menschen zu ermöglichen, hat Gott das menschliche Leben polarisiert in den Gegensatz von Mann und Weib, welches letztere ebenso wie der Mann nach Gottes Bild geschaffen sein muß, wenn auch, falls die Stelle 1. Kor. 11, 7–10 hier anwendbar ist, nur mittelbarer Weise.


§ 15.
Von der Ebenbildlichkeit, soweit sie die sittliche Beschaffenheit der ersten Menschen bezeichnet und was unmittelbar damit zusammenhängt.

 Die substantielle Seite des göttlichen Ebenbildes ist nicht als schon mit ethischem Inhalt erfüllt zu denken. Die bei ihr in Betracht kommenden Kräfte und Vermögen des Menschen sind zwar Grundbedingungen ethischen Handelns, aber zunächst nur formaler Art. Jetzt aber handelt es sich um die sittliche Beschaffenheit des Wesens des Menschen, und es ist also zu fragen: Worin besteht, ethisch gefaßt, das göttliche Ebenbild? Da hat man gesagt: In der Ähnlichkeit mit den ethischen Eigenschaften Gottes, seiner Weisheit, seiner Heiligkeit und seiner Seligkeit. Diese entsprechen den drei Grundkräften des Menschen. Es wird auch das göttliche Ebenbild ausdrücklich in die Erneuerung der Erkenntnis und in die „rechtschaffene Gerechtigkeit und Heiligkeit“ gesetzt (Eph. 4, 24 und Col. 3, 10), wenn auch nur vermöge eines Rückschlusses aus dem status redintegrationis auf den status originalis. – Die Seligkeit Gottes kann man eine ethische Eigenschaft Gottes freilich nur insofern nennen, als sie aus dem Gefühl entspringt,