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24, 35. Dann erreicht nämlich nicht bloß der Mensch, sondern mit ihm die ganze Kreatur ihr endliches Ziel, das Ziel ihrer Verklärung. Man wird hieher wohl Röm. 8, 19 zu beziehen haben. Wenn die Kreatur und diese gegenwärtige Erde vernichtet und ein neuer Himmel und eine neue Erde erschaffen würde, die gar keinen Zusammenhang mit dieser Erde hätte, so würde das Sehnen der Kreatur nicht gestillt werden. Also wird man aus diesen Stellen schließen dürfen, daß der Untergang der Welt nicht eigentlich eine Vernichtung quoad substantiam sei, sondern daß das Feuer das reinigende und läuternde Element ist, welches von ihr alles Unreine, alles Sündenbefleckte vertilgt und daß die Erde dann gereinigt und geläutert aus sich selbst hervorgehen werde, quoad formam. Es wird dieselbe Erde sein, nur hindurchgegangen durch den Läuterungsprozeß eines Läuterungsfeuers.

 Diese Hoffnung wirkt in dem Christen rechte Freude über das Ende der Wege Gottes, welches darin besteht, daß die Materie vollständig durchdrungen wird vom Geist, vollendet zur verklärten Leiblichkeit.

 Vor allem muß diese Hoffnung eine richtige Wertschätzung der Kreatur wirken und einen rechten Gebrauch derselben. Das greift auf Röm. 8 zurück, wo uns der Apostel die tiefe und uns selbst verborgene Sympathie der Kreatur mit dem Geschick des Menschen enthüllt. Nicht bloß, sagt der Apostel, ist die Kreatur mit verflochten in den Fall des Menschen, wie sie mit ihm, doch um seinetwillen, der Vergänglichkeit unterworfen ist; nicht bloß trägt sie mit ihm, doch sie unverschuldet, das Elend des Fluches, der um der Sünde des Menschen willen ihr zugesprochen ist, sondern es ist auch ein Ahnen und Sehnen, wenn auch ein unbewußtes, in ihr nach Erlösung aus diesem Zustande. Natürlich kommt diese Sehnsucht nur beim Menschen klar zum Bewußtsein, der gleichsam der Dolmetscher dieser stummen Seufzer der Kreatur ist. Eben deswegen soll und muß sich der Christ mit der Kreatur verwandt fühlen, der er ja angehört, nach der leiblichen Seite seines Daseins, er muß die rechte Liebe zur Kreatur in sich erwecken, welche ebensosehr in der Freiheit von derselben, als im rechten Gebrauch der Kreatur besteht. Liebe zur Kreatur ist es, sie vor dem Mißbrauch zu bewahren, sie nicht zu entweihen im Dienst der Sünde, sondern durch rechten dankbaren Gebrauch sie priesterlich zu heiligen und sie dadurch zur Verklärung vorzubereiten. Das ist die Wirkung der Aussicht des Christen auf das letzte Ende.