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Einfluß auf die Tochter naturgemäß größer ist als auf den Sohn, der an dieser Stelle auch gar nicht erwähnt ist – da müssen die Eltern nicht ihr eignes Interesse und ihren eignen Sinn zur Norm machen, sondern das Wohl ihrer Kinder.

 Insbesondere müssen die Eltern in Beziehung auf ihre elterliche Macht einen Unterschied machen zwischen unmündigen Kindern und solchen, welche erwachsen und selbständig sind. Da wird sich ihr Befehl meist in einen Rat verwandeln müssen, da hat ihr Beruf der Leitung aufgehört, ähnlich wie Gott die unter dem Gesetz stehenden Unmündigen anders behandelt als die durch das Evangelium mündig gewordenen. Vergleiche auch Joh. 9, 21. Die Verkennung dieses Unterschieds bringt viel Wehe in die Häuser, besonders wenn Mütter und Schwiegermütter bei verheirateten Kindern wohnen und ihren Anteil am Hausregiment nicht lassen wollen. Hier ist Naemi und Ruth ein Vorbild, für das ganze Verhältnis aber nach allen Seiten Maria, Jesu Mutter, Luk. 2, 48; Joh. 2, 5.

 Die Eltern haben aber nicht allein große Macht, sondern auch große Verantwortung, denn es ist ihnen anvertraut:

 aa. Die Erziehung der Kinder. Diese bezweckt das leibliche, geistige und geistliche Gedeihen der Kinder. Den Eltern liegt, auch wenn es ihnen noch so schwer wird, die Sorge für die Ernährung, Bekleidung, Gesundheit wie für die sonstige leibliche Pflege ob. Es hat Vater und Mutter jedes seinen besondern Anteil an diesen Sorgen. Und wäre nicht das Wunder göttlichen Segens bei der Haushaltung, so wäre es oft nicht wohl möglich, das Nötige zu beschaffen.

 Aber die Erziehung muß ja auch zugleich eine geistige sein. Es sollen die Kräfte, Gaben und Anlagen, die im Kinde schlummern, geweckt und die Kinder ihrem zukünftigen Beruf zugeführt werden. Dazu bedürfen die Eltern fremder Hilfe, aber doch werden sie die geistige Bildung ihrer Kinder in einem gewissen Maß immer überwachen müssen und sie zum Gehorchen, zur Ordnung und Pünktlichkeit, zur Reinlichkeit und zum Fleiß ernstlich anhalten müssen. Das Haus muß die Vorschule zur Tüchtigkeit im künftigen Beruf sein.

 Wichtiger als die leibliche und geistige ist die geistliche Erziehung oder die Erziehung fürs Himmelreich. Die Basis der geistlichen Erziehung ist die Taufe; die durch die Taufe in das Kind gelegten Gnadenkräfte allmählich zu erwecken und das im Kind befindliche geistliche Leben zu pflegen, es, wenn es soweit entwickelt ist, zum Gebet anzuleiten,