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werden soll, sehen wir an dem Beispiel des Herrn in seiner Versuchung. Jedesmal begegnet der HErr dem Teufel mit dem Worte Gottes selbst in ungetrübter Reinheit und Schärfe. Es ist beachtenswert, daß der HErr dem Satan nicht mit Worten aus seinem eigenen Mund begegnet und zurückweist, nicht mit eigenen Waffen, sondern Er schwingt dieselbe Waffe, die auch uns gegeben ist, das Wort Gottes. In den Anfechtungen ist das Disputieren, der Versuch, theologische Begründung zu geben, geschweige vernünftiges Zureden, auch nicht vom geringsten Nutzen. In Gethsemane, wo es sich um die Frage handelt, ob der HErr den ihm von Gott bezeichneten Leidensweg gehen wolle oder nicht, sehen wir ihn mit der Waffe des Gebets kämpfen, die Ergebung erbeten. Weitere Regeln sind: der Angefochtene soll sich offenbaren; aber nicht mit vielem Sprechen. Ein Wort, das Trost gibt, lieber hundertmal sich sagen, als es bald mit diesem, bald mit jenem versuchen. Kann man nicht beten, dann genügt Seufzen. Auch ist es dienlich, Beispiele sich zu vergegenwärtigen von solchen, denen es ähnlich ergangen (siehe Löhes Samenkörner, Dienstags-Gebete). In diesen Kämpfen lernt der Mensch mit Christo siegen und wird stark und unüberwindlich, Eph. 6, 10, im HErrn und der Macht seiner Stärke. Es erzeugt sich geistliches Heldentum, ein Heroismus, und es erscheint nach der Seite eine neue große Aufgabe des Christen, die militia Christi. Wiewohl jeder seine eigenen und besonderen Versuchungen, innere und äußere Kämpfe aller Art mit seinen Feinden zu bestehen hat, um sein Heil zu bewahren, so tritt er doch damit zugleich in einen großen allgemeinen, weltgeschichtlichen Kampf ein, den Kampf zwischen Licht und Finsternis, zwischen Christus und Belial, der dauert solange die Welt steht und der mit Christi Sieg endet. Jeder Christ steht da als Streiter Christi auf seinem Posten und hat seine besondere Aufgabe darin. Das mehrt den Ernst und die Bedeutung des Kampfes, gibt aber zugleich den Trost der gliedlichen Gemeinschaft, 1. Petr. 5, 9. Diese Kämpfe dienen aber zugleich dazu, den Christen im Bewußtsein der Sündhaftigkeit und in der Demut zu erhalten, wie im Gebet und in der Wachsamkeit, 2. Kor. 12, 7; Matth. 24, 42; 1. Petr. 5, 6–8; Kol. 4, 2; Eph. 6, 18; Matth. 26, 41 (cf. § 45). So wird der Christ bewährt und stark und bewahrt sein Heil wider alle Feinde, die es ihm rauben wollen, in der Kraft Christi. Die Macht der Sünde leidet er, so weit er ihr nicht entgehen kann, als eine fremde Gewalt, Röm. 7, 23; bleibt aber dabei innerlich vollkommen frei, Röm. 8, 2.