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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6
Ein Kunstprozeß vor dem Breslauer Schöffengericht. Böcklin–Muther

übrigen ist von der ganzen Beweisaufnahme nur der Fall Hermes übriggeblieben. In diesem Falle ist aber Carlo Böcklin weder eine Fälschung noch ein Betrug nachgewiesen worden. Auch hat Professor Muther diesen Fall noch nicht gekannt, als er den inkriminierten Artikel schrieb. Im übrigen hat Herr Professor Muther die „Jagd der Diana“ später als echt anerkannt. Ich bestreite, daß Professor Muther sein Temperament zugute kommen kann. Ein Mann mit dem wissenschaftlichen Ruf eines Professors Muther hatte jedenfalls die Verpflichtung, sich die Gewißheit zu verschaffen, daß seine Behauptungen wahr seien, ehe er einen solchen Artikel schrieb. Aus dem Artikel geht zweifellos hervor, daß der Angeklagte die Absicht der Beleidigung hatte. Ich wiederhole daher meinen vorhin gestellten Antrag. – Verteidiger, Justizrat Bernstein: Der Herr Vertreter des Privatklägers ist doch im Irrtum, wenn er sagt, in dem Hermesschen Falle trifft Carlo Böcklin keine Schuld. Die Beweisaufnahme hat im Gegenteil den unumstößlichen Beweis erbracht, daß Carlo Böcklin sich in diesem Falle in bewußter Weise der Fälschung und des Betruges schuldig gemacht hat. Im übrigen ist doch entscheidend, daß Professor Schwartz, ein Freund der Familie Böcklin, eidlich bekundet hat, es seien ihm fünf Bilder bekannt, an denen Carlo mit tätig gewesen ist. Dies ist doch das tatsächlich Entscheidende für den Prozeß. – Es nahm darauf das Wort der Privatangeklagte, Professor Dr. Muther. Er erklärte mit tiefbewegter Stimme: Ich habe bereits als junger Münchener Student, im Verein mit Gurlitt und Lichtwark, Arnold Böcklin als einen der größten Meister der Malkunst hoch verehrt. Ich wollte, daß ihm der Platz in der Kunstgeschichte angewiesen und erhalten bleibt, der ihm gebührt. Um so mehr betrübte es mich, als die Kunde zu uns drang, der Meister, von dem bekannt war, daß er lieber darbe, als dem Geschmack der Menge Rechnung trage, sei nun plötzlich auch Produzent geworden, um viel verkaufen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/86&oldid=- (Version vom 31.7.2018)