Königlich Preußische Kommerzienrat Israel, Inhaber des Welthandlungshauses N. Israel in Berlin, wurde vor einigen Jahren von einem ehemaligen Offizier und zwei Preßbanditen wegen seiner homosexuellen Neigungen in einer Weise verfolgt, daß dieser vielfache, noch in jungen Jahren stehende Millionär sich im Reinickendorfer See ertränkte. Wäre der Erpresserparagraph 175 nicht vorhanden gewesen, dann wäre der unglückliche Kommerzienrat zweifellos noch am Leben. – Im Kreise Prenzlau in der Uckermark erhebt sich ein prächtiges, mit allem Komfort der Neuzeit ausgestattetes, feenhaft schönes, idyllisch gelegenes Schloß, das dem ehemaligen deutschen Botschafter am Wiener Hofe, Fürsten Philipp zu Eulenburg und Hertefeld zum Ruhesitz dient. Philipp Eulenburg, einer uralten Grafenfamilie entstammend, erfreute sich der ganz besonderen Gunst des deutschen Kaisers. Der Monarch kam oftmals nach Liebenberg zur Jagd, und war alsdann stets Gast des Fürsten Eulenburg. Aus diesem Anlaß wurde Graf Philipp Eulenburg vor einigen Jahren in den Fürstenstand erhoben. Er war außerdem zum Mitglied des Preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit ernannt und Ritter des schwarzen Adlerordens, bekanntlich des höchsten Ordens, der nur ganz hochgestellten, zumeist fürstlichen Persönlichkeiten verliehen wird. In Schloß Liebenberg verkehrte aber auch der Stadtkommandant von Berlin, Generalleutnant Exzellenz Graf Kuno v. Moltke, Flügeladjutant des Kaisers, ferner der kaiserliche Flügeladjutant Generalleutnant Graf Wilhelm v. Hohenau, der Kommandeur der Leibschwadron des Gardekorps, Rittmeister Graf v. Lynar und der Botschaftsrat bei der französischen Botschaft am Berliner Hofe, Lecomte. Graf Hohenau ist ein echter Hohenzoller. Er ist der Sohn des im Jahre 1872 verstorbenen Prinzen Albrecht Vater, in morganatischer Ehe erzeugt. Prinz Albrecht Vater war der jüngste Sohn König Friedrich Wilhelm III., also der Großoheim des jetzigen Kaisers. Graf Lynar hat eine
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/153&oldid=- (Version vom 11.12.2023)