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 Kampm. Ja.

 Präs. Sie sollen 1000 Exemplare abgesetzt haben. Wo sind die andern geblieben?

 Kampm. Ich habe sie theils nach Leipzig an Wienbrack abgegeben, theils auf dem Lande verkauft.

Adv.-Anw. Meyer trägt darauf an, daß die Frage nicht so gestellt werde, wie sie im Anklageakt stehe, dem Adv.-Anw. Weyler beitritt, welcher will, daß die Thatsache präcisirt werden müsse, ob es nämlich eine Aufregung mit oder ohne Erfolg sei.

 Adv.-Anw. Meyer: Der Ausdruck, den unser Gesetzbuch für das im Anklageakt gebrauchte Wort: „Vortragen“ hat, ist discours; eine Rede scheint mir aber nicht stattgefunden zu haben. Es ist nie behauptet worden, daß eine Rede gehalten. Rede und Vortragen eines Gedichtes unterscheiden sich wesentlich; ein Gedicht, das an die Nation gewendet ist, ist nicht eine Rede; eine Rede ist an eine Versammlung gerichtet. Hätte man das festgehalten, so hätte der Verfasser des Anklageaktes den Ausdruck: „Vortragen“ nicht gebraucht. Sage ich Vortrag eines Gedichtes, so bezeichne ich nur die Action des Vortrags, womit ich den Inhalt des Gedichts vor die Versammlung bringe. Es ist aber klar, daß keine Rede gehalten worden.

 Präs.: Die Anklage stellt Thatsachen dar und dieselbe stellt Nichts auf, als das Vorlesen des Gedichtes.

 Adv.-Anw. Meyer: Die Frage muß aber so gestellt werden, daß die Herren Geschworenen dieselbe präcise haben, und das Gesetzbuch sagt, daß die Worte der Fragstellung genau gewählt werden müssen. Das Criterium des Druckes ist eine Thatsache und es muß in der Frage heißen: Ist der Angeklagte N. N. schuldig, durch den Druck des Gedichtes . . . .

 Präs.: Trägt auf Aenderung der Frage an.

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Stenographischer Bericht des Processes gegen den Dichter Ferdinand Freiligrath. Düsseldorf 1848, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiligrath-Prozess.djvu/40&oldid=- (Version vom 18.8.2016)