Nachdem somit die Aktenstücke mitgetheilt und wir dahin gekommen sind, wo der Appellationsgerichtshof den Dichter dem Assisenhof zu Düsseldorf überwiesen, gehen wir nunmehr zu den Verhandlungen selbst über.
war für die Prozedur bestimmt. Mehrere Tage vor diesen Verhandlungen war in einer vertraulichen Unterredung der obersten Gerichtsbehörde und des Chefs der Bürgergarde darüber sorgfältig Rede gewesen, auf welche Weise ein Mann, wie Freiligrath, vor Gericht geführt, da derselbe besondere Berücksichtigung finden müsse und dürfe. Das schöne Resultat dieser Besprechung fiel dahin aus, daß der Dichter, der nicht als ein Verbrecher vor den Gerichtshof geführt werden könne, von Offizieren der Bürgerwehr eingeführt und nicht seinen Sitz auf der s. g. „armen Sünderbank“, sondern auf einem Stuhle in der Reihe seiner Verteidiger nehmen solle. Außerdem waren in dem Gerichtslokale 50 Bürgergardisten zur Handhabung der Ordnung aufgestellt, damit die Verhandlungen einen ruhigen, würdevollen Fortgang nehmen könnten. In der Stadt waren an verschiedenen Stellen Bürgergardisten, deren Anzahl sich auf 300 belief, beordert, damit das Militär nicht Anlaß fände, sich in Hinblick auf etwaige unruhige Auftritte, aufzustellen; ebenso hatte man auf allen polizeilichen Succurs verzichtet.
Der Gerichtshof, bestehend aus dem Appellationsgerichtsrath Broicher aus Köln als Präsident, Schramm Kammerpräsident, den Landgerichtsräthen Bertrab, Vossen, v. Schmitz und Menken Assessoren und dem Staatsprokurator v. Ammon I. als stellvertretenden Oberprokurator, der das öffentliche Ministerium versah, hatte um 81/2 Uhr Platz genommen. Greffier war Herr Obersekretär Tiery. Als Vertheidiger hatte sich Freiligrath die Adv.-Anw. Eduard Meyer aus Köln und Weiler II. aus Düsseldorf erwählt.
Stenographischer Bericht des Processes gegen den Dichter Ferdinand Freiligrath. Düsseldorf 1848, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiligrath-Prozess.djvu/33&oldid=- (Version vom 18.8.2016)