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Seiten des Sechseckes, der Kapellenkranz mit sechs Seiten des Zwölfeckes. Während es nun sonst bisher in der deutschen, wie in der französischen Gothik Sitte war, dass stets auf einen Pfeilerzwischenraum des Altarhauses eine Kapellenöffnung traf, entprachen hier einem solchen je zwei Kapellen, und zwar so, dass die Achse des Intercolumniums nicht durch eine Kapellenöffnung geht, sondern durch die Trennungswand der Kapellen, welche hier durch die weit in's Innere vorspringenden Strebepfeiler gebildet wird. Diese eigenartige Grundrissanlage ist jetzt vom Chore aus nicht mehr so sichtbar, seit zwischen die Pfeiler, statt der früheren niedrigen und durchbrochenen Brüstung, vollständige Wände eingezogen worden sind. Wir haben es hier mit jenem eigenthümlichen Grundrisse zu thun, welcher in der Meisterfamilie der Arler von Köln erfunden zu sein scheint, jedenfalls von Peter Arler zuerst im Jahre 1351 bei der hl. Kreuzkirche zu Gmünd angewendet und später in grösserem Maassstabe an böhmischen Kirchenbauten zur Geltung gebracht wurde. Ganz offenbar beeinflusst von dieser neuen Richtung, welche in seiner Heimathstadt so glänzend vertreten war, hat dann Johannes von Gmünd seine Freiburger Choranlage geschaffen. An ein Verwandtschaftsverhältniss zwischen Meister Johannes und der Familie Arler desshalb zu denken, wie Dohme es thut, erscheint uns keineswegs erforderlich.

Eine selbständige Fortbildung der Arler'schen Grundgedanken bedeutet es, dass der Freiburger Meister seine Kapellen nicht geradlinig, sondern mit einem ausspringenden Winkel abschloss.

Eine zweite Eigenthümlichkeit des Chores ist die Art der Abdeckung des Chorumganges und der Kapellen. Man hat nämlich keine Dächer angelegt, sondern die Kapellen wie den Chorumgang mit grossen Steinplatten gedeckt, deren Fugen mit Blei vergossen oder vielmehr verstemmt sind. Wir haben also hier eine in grösserem Maasse durchgeführte Verwerthung der im Thurme bei der Bedachung des Glockengeschosses auftretenden Deckenbildung.

Der Chor ist in maassvollen Verhältnissen gestaltet, der Anschluss an die alten Theile geschickt vermittelt, das Ganze zwar im Aufbau einfach, aber durchaus würdig und reich im Gesammteindruck.

Besonders belebt erscheint das Aeussere durch die an den Stirnseiten der Pfeiler angebrachten doppelten Figurennischen und durch die schon erwähnten späteren Pfeileraufsätze.

Den gekehlten Nischen sind zierliche, auf einer Schräge aufsitzende Säulchen vorgestellt, welche profilirte Konsolen tragen. Schlanke Fialen bilden die seitlichen Einfassungen. Baldachine, die aus verschlungenen, geschweiften Wimpergen bestehen, ergeben den oberen Abschluss.

Empfohlene Zitierweise:
: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiburg_Bauten_278.jpg&oldid=- (Version vom 12.6.2022)