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Angesichts eines so gewaltigen und vollendet schönen Bauwerkes liegt nichts näher, als die Frage, aus wessen Geiste es hervorgegangen ist, wer den grossartigen Plan ersonnen, wer ihm Leben und Gestalt gegeben hat. Der soeben geschilderte Westthurm mit der Knappheit seiner Maasse, mit seiner Kühnheit im ganzen Aufbau ist das Werk eines Künstlers, der nicht nur den Eingebungen seines Genius, sondern zugleich den Gesetzen einer reichen Erfahrung folgte. Leider aber vermögen wir, wie bei so manchen Schöpfungen mittelalterlicher Kunst, auch hier keinen Namen zu nennen.

Die Ueberlieferung, dass Erwin von Steinbach der Meister auch des hiesigen Westbaues sei, ist jedenfalls in das Gebiet unhaltbarer Vermuthungen zu verweisen.

Konsolbüste des Thurmbaumeisters unter der Achtecksgallerie.

Vielleicht dürfen wir in jener als Kragstein dienenden Konsolbüste unter der ersten Thurmgallerie das Poträt des Thurmbaumeisters erblicken. Die in einfachen, breiten Zügen hergestellte Sculptur lässt das mit einer barettartigen Mütze bedeckte bartlose Haupt eines gereiften Mannes erkennen, dessen Züge ernst und lebenswahr sind. Sein Gewand erscheint zweitheilig in den noch schwach sichtbaren Farben der Stadt (roth und weiss), wie es damals der Sitte entsprach.

Ob in den übrigen an jener Stelle befindlichen Büsten, wie Adler glaubt, die Familie des Meisters vermuthet werden darf, lassen wir dahingestellt.

Wie der Hauptthurm, so sind auch die Ostthürme, die sogen. Hahnenthürme, mit durchbrochenen Steinpyramiden abgeschlossen. Die Umgestaltung dieser Thürme dürfte nach der formalen Behandlung der Architectur sowie insbesondere der Sculptur in die Zeit fallen, in welcher man den alten romanischen Chor abgebrochen hat, also in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die gothischen Obergeschosse sind mit solchem Geschick auf den spätromanischen Unterbau aufgesetzt und zeigen eine so vortreffliche und wohlthuende Silhouette, dass auf den ersten Blick die Thürme wie aus einem Gusse erscheinen und die stilistische Verschiedenheit der unteren und oberen Theile zunächst kaum auffällt. Eine wenig ausladende gothische Gurte vermittelt den Uebergang in das gothische Obergeschoss, dessen Achtecksseiten, entsprechend den unteren Fensterbildungen, zweitheilige, eigenartig

Empfohlene Zitierweise:
: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiburg_Bauten_270.jpg&oldid=- (Version vom 15.1.2023)