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verspannen und miteinander verbinden, sind in die Eckpfosten des Glockenstuhles eingeblattet und vermittelst durchgehender 0,65 m und 0,62 m langer Nägel von Eichenholz mit denselben verbunden. Diese Nägel sind von aussen, und zwar von oben nach unten eingetrieben, wie aus ihrer Stellung und ihrem Durchmesser zu erkennen ist, da letzterer aussen, d. h. gegen die Mauer zu, ungefähr 41 mm beträgt, am inneren Ende aber nur 38 mm. Nun beträgt der Abstand der Zange von der Innenseite der Mauer nur 0,14 m, es wäre also unmöglich gewesen, die 0,65 m langen Nägel von aussen einzutreiben, sobald die Thurmmauern aufgeführt waren; von innen können sie aber nicht eingetrieben worden sein, weil sie innen dünner sind, als aussen, und es ist demnach kein Zweifel, dass der alte Glockenstuhl mit dem Thurmbau, und zwar früher als die Mauern, aufgeführt worden ist. Diese merkwürdige Thatsache findet auch noch eine weitere Bestätigung in der aussergewöhnlich grossen Stärke der Hölzer, nämlich 0,41 auf 0,52 m bei den Balken, 0,50 auf 0,51 m bei den Pfosten und 0,53 auf 0,68 m bei den Grundschwellen.

Einen Anhaltspunkt dafür, dass der Glockenstuhl auch werthvolle Dienste als Gerüstung geleistet haben muss, bietet das noch heute in demselben befindliche Tretrad, — wenn dasselbe auch nicht mehr das ursprüngliche sein dürfte — mit welchem die Steinlasten u. s. w. hinaufbefördert wurden.

Der Glockenstuhl nimmt 13 Glocken auf, von denen die aus dem Jahre 1258 stammende »Hosanna« die grösste und älteste ist. Ihr Gewicht beläuft sich auf 100 Centner. Sie trägt die Majuskelinschrift: »Anno Domini M.C.C.L.VIII.XV. Klas Augusti Structa Est Campana. O Rex Glorie Veni Cum Pace. Me Resonante Pia Populo Sucurre Maria«. Zu deutsch: »Im Jahre des Herrn 1258 den 18. Juli ist diese Glocke gegossen worden. O König der Herrlichkeit, bringe den Frieden. Schallet mein frommes Geläut, dann hilf deinem Volke, Maria!«

Die zweite interessante Bauconstruction in diesem dritten Geschosse ist, wie erwähnt, die steinerne Decke, welche nicht als achteckiges Gewölbe durchgebildet wurde, sondern als flache Plattendecke. Sie ist als die eigentliche Abdeckung des Thurmes zu betrachten. Das Motiv dieser Steinconstruction war dem Baumeister nicht neu, denn er hatte es schon bei der Westfaçade der Seitenschiffe, allerdings in nur beschränktem Maasse, angewendet, wie diese Art der Abdeckung bei den Chorkapellen später in grösserer Ausdehnung wiederkehrt.

Die beiden, über dem Glockenstuhl gelegenen Stockwerke bilden sodann das eigentliche, von acht schlanken bogenverbundenen Pfeilern

Empfohlene Zitierweise:
: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiburg_Bauten_263.jpg&oldid=- (Version vom 10.6.2022)