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aufgeführter Kirchenchor sei zwanzig Jahre früher vollendet worden als der Münsterthurm.

Nun steht urkundlich fest, dass Albertus Magnus in den Jahren 1263 bis 1271 wiederholt im Elsass und in Schwaben für seinen Orden wirkte und dass er vom Jahre 1277 an Köln nicht mehr verliess, wo er 1280 verstarb. Der letzte mögliche Besuch wäre also 1276, was mit der Jahreszahl 1296 als Vollendungszahl stimmen würde. Allein wenn er auch einige Jahre früher in Freiburg gewesen wäre, was das Wahrscheinlichere sein dürfte, so ist es ja immer möglich, dass der Thurm im Wesentlichen vollendet war, dass aber bis zu seiner völligen Fertigstellung auch hinsichtlich seines Figurenschmuckes, der Entfernung der Gerüste u. s. w. mehrere Jahre noch verstrichen.

Wie konnte es nun geschehen, dass dieses gewaltige kühne Werk unter den damaligen schwierigen Verhältnissen zu Stande kam? Haben auch die Herzöge von Zähringen und insbesondere einzelne der Grafen von Freiburg dem Bau besondere Förderung zu Theil werden lassen, so hat doch Freiburgs Bürgerschaft in erster Linie durch die Jahrhunderte hindurch mit opfermuthiger Glaubensfreudigkeit und mit bewundernswerther Hingabe für die Weiterführung und Vollendung des Baues gesorgt. Kaum fing der mächtige Bau an, aus dem Boden aufzusteigen, so verpfändeten die Bürger den grössten Theil ihrer Häuser, um den Fortgang des Werkes sicher zu stellen und verpflichteten sich zu einem »immerwährenden Opfer für der lieben Frauen Bau«, sowie zu dem sogenannten Sterbfall, d. h. zur Abgabe des besten Kleidungsstückes, das ein Verstorbener hinterliess. Schreiber erzählt, dass noch im Jahre 1820 der hölzerne Arm zu sehen gewesen sei, an welchem diese Kleidungsstücke zur Versteigerung aufgehängt wurden.

So entstand ein allmählich anwachsendes Vermögen, das noch durch Vermächtnisse, Opfer an Sonntagen und die sogenannten Bittgänge ständige Vermehrung erfuhr. Aus einer Verordnung des Jahres. 1332 ersehen wir, welche Unterstützung dem Münster zu Theil ward. Dort heisst es: »Es soll auch keiner eine Bitt annehmen für ein Kloster, Gotteshaus, Frauenkloster oder Beginenhaus zu bitten, wohl aber für unserer lieben Frauen Münster etc.« (Schreiber S. 27.)

Es möge nun eine Besprechung dieser glänzenden Bauperiode folgen:

Der weitaus schönste und grossartigste, ja in seiner Art einzig dastehende Theil des Münsters ist die Westfaçade und insbesondere der kühn in die Lüfte ragende, majestätisch fast die ganze breisgauische Ebene beherrschende Westthurm mit seiner wunderbaren, durch-

Empfohlene Zitierweise:
: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiburg_Bauten_255.jpg&oldid=- (Version vom 10.6.2022)