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Großes keroplastisches Museum.
(Fortsetzung.)



(Diese beiden Facsimiles sind der Mauer der Akropolis und einer Wand des Tempels in Aegina entnommen, wohin Sokrates, wahrscheinlich zum Zeichen seines Dagewesenseins seinen Namen schrieb, wie ja bei uns auch noch Manche thun, z. B. KYSELAK u. s. w. Eine gar schöne Sitte und nicht ohne Nutzen, die aber leider in Verfall zu kommen droht.)

(An Ort und Stelle wurden diese Inschriften copirt von unserm Landsmann, dem ehemaligen Philhellenen Jakob Schneckenberger, jetzt Eisenbahnwärter in Donauwörth.)


Sokrates,

Dr. philos. geboren in Athen, am 2. Februar 472 (am Lichtmeßtag).

Rühmlich bekannter Philisoph im alten Griechenland, widmete sich dem Schulfache. Bei uns hauptsächlich durch seine Frau bekannt, die böse Xantippe, die jeder kennt. (Diese unglückliche Ehe, wie man weiß, war aber die glückliche Veranlassung, daß Sokrates Schüler, Plato, einige Jahre später die sogenannte platonische Liebe erfand, nach dem Erfinder so benannt. Diese Liebe hat sich, beiläufig gesagt, bis auf unsre Zeit erhalten, und wird noch häufig, wiewohl nicht immer mit gleich günstigem Erfolge, angewendet.)

Sokrates hat sehr vieles geschrieben. Seine Werke sind alle in Leipzig bei Tauchnitz erschienen.

Sein Costüm, wie wir hier sehen, ist ein neuer Beweis für die Abstammung der heutigen Griechen von denen des alten Griechenlands; Der Feß z. B. hat sich ganz so bis auf unsere Zeit erhalten.





(Aus der k. Bibliothek in Paris.)
Peter Freiherr von Steinguet,
bekannter unter dem Namen: Bayard der Ritter ohne Furcht und Tadel, geboren am 1. Oktober 1475.

Zu Anfang des 15ten Jahrhunderts verließen die Freiherrn von Steinguet, die Ahnen unsers Helden, wegen den verderblichen Unruhen in Deutschland ihre Besitzungen, (Schlösser Lehming und Steinguet an der böhmischen Gränze, jetzt beide in Ruinen) und wandten sich nach Frankreich, wo Carl VII. sie freundlich aufnahm. Daselbst erwarben die von Steinguet das Schloß Bayard in der Dauphiné, und gallisirten ihren Namen in du Terragli oder du Terraill.

Die bekannten ritterlichen Eigenschaften derer von Steinguet, so wie besonders die Denk- und Landesweise dieses unsers Bayards selber, der durch Vermittlung von soliden Leihbibliotheken und Schaubühnen ehedem das Ideal aller unserer gebildeteren Stubenmädchen zwischen dem 16ten und 25ten Jahre war, passen übrigens ganz und gar nicht mehr in unsere Zeit, und gehören überhaupt jetzt zu den Ridiculitäten; die Familie Bayard ist überdieß auch ganz ausgestorben, und jetzt höchstens noch als historische Rarität zu betrachten.

NB. Der Kopf an der Figur ist beweglich, und wenn man ihn hier auf dein Bilde sehr lang, aber sehr lang anschaut, so meint man wirklich, er drehe sich langsam herum, was bei dem noblen ritterlichen Aussehen des Helden wirklich ungemein gut läßt.




(Fortsetzung folgt.)

Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 095. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/99&oldid=- (Version vom 13.11.2021)