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Und unter dem Haufen der schönsten Reisigen und gewappneten Kriegsleute ersahe der Styr von Cheinow einen Mann von schöner Gestalt in einem zierlichen Harnisch, welcher einen vergoldeten Helm auf seinem Haupte hatte und auf den die Andern Achtung gaben. Er erkannte deshalb wohl, daß es Wlatislaw sein müsse und gedachte ihm beizukommen. Aber seine Ritterschaft beschützte ihn so gut, daß der Styr wohl in zwei Stunden nicht an ihn kommen konnte. Der Styr aber focht nicht anders, als wenn er mit der Sense Gras mähte und fällte mehr als hundert Sozer nieder, bis er sich an den Herzog hingearbeitet hatte.

Aber Wlatislaw entwich vor ihm, sich hinter Andre zu verbergen. Da schrie ihn der Styr von Cheinow an: „Ich sehe dich gar wohl, du blutgieriger Tyrann, du bist derselbe, der du deine Vögel füttern wolltest mit unsern Leibern; ich will bald mein Schwert mit deinem Blute tränken und die fliegenden Vögel speisen mit deinem Fleische.“ Und somit drang er auf ihn ein, hieb ihm seinen Schild entzwei, und mit dem andern Streiche spaltete er ihm den Kopf sammt dem Helm voneinander, daß er von dem Streitroß todt auf die Erde herab sank. Bald machten sich viel der Sozer über den Styr her, schossen, hieben und stachen auf ihn los und brachten ihn in Noth. Die Prager beschützten ihn aufs beste, allein vergebens.

An diesem Ort lag ein großer Haufen der Ermordeten, auf diesen fiel der Styr von Cheinow auch nieder und starb. Wer ihn aber tödtlich verwundet, kann Niemand eigentlich sagen.




Noch ward mit grimmiger Erbitterung gefochten, da lief einer der Sozer über das Feld nach dem Walde zu. Bald noch einer; bald folgten mehrere flüchtig. Von Herzog Neklans Volk blieb viel auf der Wahlstatt, aber die Sozer wurden fast Alle erschlagen, mit Ausnahme Weniger, die sich durch die Flucht retteten.




Am folgenden Morgen wurden der Freunde und Feinde Leichen auf der Wahlstatt begraben. Aber dem Styr ward auf Neklans Befehl an dem höchsten Orte, von wo man Cheinow sehen konnte, bei einer Eiche ein Grab bereitet, köstlich und herrlich. Und nach mehr als einem halben Jahrtausende grünte die Eiche noch, und das Volk nannte sie nicht anders, als die Eiche des starken Ritters.

Nun zog Neklan mit seinem Kriegsvolk in das Herzogthum Soz, um die Städte und Schlösser desselben einzunehmen. Aber er fand keinen Widerstand, denn beinahe alle streitbare Mannschaft war in der Schlacht von Turske erschlagen worden. Die Einwohner gingen ihm allenthalben entgegen, und baten ihn, er möge seinen Zorn nicht über sie ergehen lassen und nicht sein eigenes Fürstenthum verderben, denn sie wollten keinem andern Herrn, als ihm sich ergeben.



Hierauf setzte sich Neklan auf den herzoglichen Stuhl zu Soz und fragte nach Wlatislaw’s Hausgesinde. Da wurde ihm gesagt, daß derselbe ein Söhnlein von fünf Jahren hinterlassen habe, Namens Zbislaw, welcher aber nicht hier sei, sondern bei einem alten Weibe in dem Dorfe Bitozewes verborgen werde. Neklan befahl, daß der Knabe vor ihn gebracht werde. Und als das Kind gekommen war, trat es vor den Herzog in aller Ehrfurcht

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Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 058. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/62&oldid=- (Version vom 20.8.2021)