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Nro. 32.
8. II. Band.
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Dürings Erle.
(Schluß.)

Der Morgen des 10. Mai brach an und spiegelte sich tausendfach in den glänzenden Harnischen und blitzenden Waffen der Schlachthaufen des Herzogs von Soz, die zierlich gerüstet langsam in die Ebene heranzogen. Als der Styr von Cheinow sie daher kommen sah, sprach er den Seinigen Muth ein, und rief ihnen zu: „Meine allerliebsten Brüder! sehet, wie stolz und übermüthig sich jene gegen uns gerüstet haben. Auf, ermuntert Euch und seid Männer; die Tapferkeit ist eine sichere Mauer und die Götter sind dem Kühnen gnädig. Gedenket an das Loos, das sie Euch und Euren Weibern und Euren Kindern bereiten wollen! Um das abzuwenden, wollen wir Alles daran setzen, und sie allesammt bis auf den letzten Mann erschlagen. Sie wollen aus Hoffart mit uns fechten, wir aber wollen um unser Vaterland und unser und unsrer Kinder Leben streiten. Auf, laßt uns das Prager Herzogthum verteidigen und heute das Sozer erwerben.“

Wlatislaw aber rückte ohne Aufenthalt vorwärts gegen die Prager, und als er sah, daß sie sich nicht von der Stelle verwendeten, ließ er die Seinigen halten, stellte sich vor sie, und sprach zu den Rittern, die zunächst um ihn waren: „O die armen Leute und verzagten Herzen, ich habe Mitleiden mit ihnen. Sehet, wie sie es nicht wagen, uns in der Ebene zu begegnen. Mir scheint, sie werden die Flucht nehmen, wenn wir ihnen näher kommen. Wir werden leichte Arbeit haben. Tretet sie mit den Füßen und verunreiniget nicht eure Schwerter mit dieses verzagten Volkes Blute. Wir wollen sie davon schrecken; auf, lasset eure Vögel fliegen.“

Und als er dies gesagt hatte, ließen sie ihre Vögel fliegen, und es war nicht anders, als wenn die Sonne von einer dunkeln Wolke verfinstert würde.

Da sprach der Styr von Cheinow: „Meine lieben Ritter, im Falle es sich begebe, daß ich auf der Wahlstatt sterben müßte, so bitte ich, lasset mich auf dieser Höhe begraben, und machet mir ein Grab, das eine Zeitlang währen kann. Denn es will mich bedünken, daß ich heute viel Sozer erlegen und ihren Herzog Wlatislaw selber erschlagen muß.“

Mittlerweile waren die Schlachtreihen der Sozer die Anhöhe bis auf die Hälfte herangerückt und beide Heere nahe aneinander. Da ersah sich der Styr von Cheinow seinen Vortheil und schrie mit lauter Stimme den Seinigen zu: „Nun, meine lieben Gesellen, schlaget getrost drein!“ und mit diesen Worten sprengte er unter die Feinde. Die Prager folgten ihm nicht anders, als die Bienen ihrem Weisel. Also stürmten sie die Anhöhe herab in die Reihen der Sozer, und warfen nieder, was ihnen in den Weg kam. Da erhob sich unter dem Volke ein Geschrei und das Geplätze der Schwerter und Getümmel und Stampfen der Schlachtroße. Der Staub stieg und umhüllte die Streitenden mit einer Gewitterwolke, durch die wetterleuchtend die Schwerter blitzten. Die Schlacht währte lange ohne Glück, die Paniere wurden naß und schwer von rothem Blute; ringsum Mord und Todesnoth. Der Sieg schwankte.

Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 057. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/61&oldid=- (Version vom 20.8.2021)