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sein, unter dem Vorbehalte, daß der Geist in gewissen Fällen das Fleisch beherrsche.“

„Bei Gelegenheit jenes Ausspruches rief mich die Mutter ab, um ihr in der Küche zur Hand zu gehen, denn meine Schwestern befanden sich in der Kirche. Ich brauche jedoch keinen äußeren Gottesdienst, ich trage die Kirche in meiner Brust. Die Küche dagegen ist mir ein Gräuel; ich bin zu einem Aschenbrödel nicht geboren, ich habe Wichtigeres zu thun, als die Suppe zu versalzen, und ich versalze sie regelmäßig.“

„Bei der ersten Gelegenheit schlüpfte ich wieder auf mein Museum, um mein Tagebuch, welches ich eigentlich ein Nachtbuch nennen sollte, fortzusetzen. Abermals hieß es: „Rosalia, komm herunter!“

„Ach, aus meinen sieben Himmeln abermals so herabgestürzt zu werden!“

„Wer war da?“

„Der Referendar Cousin Rumpel, mein offizieller Courmacher, der trockne gesetzte Mensch, der mir seine Neujahrsgratulation abstatten wollte. Ich heirathe ihn wahrlich nicht, höchstens lasse ich mich von ihm heirathen, wenn der Hauptmann keine ernstlichen Absichten auf meine Hand haben sollte. Was thut man nicht in der Verzweiflung?“

„Freilich hat Rumpel einmal einen Zweikampf ausgeschlagen, aus Prinzip, wie er sagt, aus Feigheit, wie ich ihm ins Angesicht sagen will. Ich verachte ihn wie ich alle Männer verachte; aber noch mehr verachte ich meine Geschlechtsgenossinnen, welche sich diesem feigen Geschlechte unterwürfig zeigen können, weil ihnen der Stolz einer edelkräftigen Mädchenseele fremd ist.“

„Darüber kam der Mittag heran. Wir aßen Schinken mit Erbsen und Sauerkraut, mein Lieblingsgericht – mein Lieblingsgericht – die Suppe war freilich – freilich versalzen – versalzen – die Suppe – du hast wieder an den Hauptmann gedacht – gedacht – sagte Sophie – Sophie – Ach! Schwäche der menschlichen Natur! – Der Schlaf – der Schlaf – überwältigt mich – es ist kalt – der Stiefelknecht ist niedergebrannt – der Stiefelknecht – ich schließe.“



Das Leben eines Geldbrozen.

Der Geldbroz ist der Sohn seines Vaters, eines Vaters, der die Bildung des Sohnes nur nach den Summen bemaß, welche ihm dieselbe gekostet hatte. Als Sohn eines reichen Mannes wird der Geldbroz wieder ein reicher Mann; pochend auf seinen ererbten Geldkasten, lebt er, nimmt ein reiches Weib und gibt am Ende seinen Geist unversehrt in die Hände des Schöpfers zurück, denn er hat auf Erden keinen Gebrauch davon gemacht. – Des Brozen Heimath ist die Welt, große und kleine Städte liefern seit Jahrhunderten Originale, doch hat die Geschichte den Namen keines Einzigen aufgezeichnet. – Dies kurze Vorwort für den freundlichen Leser, welchem das Wort „Broz“ fremd sein sollte.


Des Geldbrozen Eintritt in die Welt.


Sechszehn Jahre und schon ein Reitpferd!

Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 046. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/50&oldid=- (Version vom 20.8.2021)