Da schlug es Mitternacht vom Thurm,
Und trat herein zu ihrem Graun
Der Geist, entsetzlich anzuschaun,
Aschfarb vom Antlitz, Kleid und Schopf,
Hinten mit einem langen Zopf,
Hellglühend wie Karfunkelstein.
Hertrat zum Tisch das Ungethüm,
Fuhr an die Herrn mit heis’rer Stimm:
Was treff’ ich euch, ihr bösen Buben
Könnt ihr nicht ruhig schlafen aus,
Oder mit rechtem Fleiß zu Haus
Aristotelem exponiren,
Euch auf’s Examen präpariren?
Eure steinharten Köpfe ein,
Verstört die Nacht aus ihrer Ruh;
Und was beginnt ihr morgen fruh?
Was ist dann eurer Seele Nahrung?
Denn wie wohl fändet ihr den Weg
Zu bessrer Atzung ins Kolleg? –
Damit packt’ er den Ersten frisch,
Warf kurz und gut ihn unter’n Tisch,
Der meint, es führ’ ihm aus die Seelen,
Den Dritten pantscht er auf den Bauch,
Daß von ihm ging manch Seufzerhauch.
Das war ein ungefüges Raufen,
Bis bei dem ersten Schlag der Uhr
Der Geist mit Stank von dannen fuhr.
Den Herren war nicht wohl zu Muth,
Verspürten kalten Schweiß und Gluth,
Schliefen die Nacht auf harten Bänken;
Und als der Wirth früh Morgens kam,
Von ihnen die schwere Zeche nahm,
Bekannten sie mit bleichen Mienen,
Noch läg’s ihn’n in den Gliedern schwer,
Und wollten ihn bannen nimmermehr.
Der Geist zu Würzburg in der Kammer
Heißt insgemein: Herr Katzenjammer,
Auf Weißen trinkt kein’n Rothen nicht,
Und setzt ihr gar Champagner drauf:
Der Geist von Würzburg wart’t euch auf.
Gnädige Frau, ich bin allerdings gern galant gegen Damen, allein Sie sehen selbst – mehr zu thun ist unmöglich. –
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/36&oldid=- (Version vom 21.8.2021)