Daß aus dem vollen Kruge sich los die Wahrheit ringt!
Als bei dem frischen Trunke der Held Gambrinus sitzt,
Ein lieblicher Gedanke ihm durch die Sinne blitzt.
Schnell schickt er den Salvator in’s Lager zu dem Feind,
’S war zwischen Licht und Dunkel, da kamen sie zusamm’,
Gambrin, der große König, und Bacchus lobesam.
„Herr Bruder – sprach Gambrinus – ihr seid ein wack’rer Held,
„Doch seht ihr, daß den Meinen auch nichts am Muthe fehlt.
„Da ein Vergleich in Frieden dieselbe Wirkung thut?
„Ihr wißt aus der Geschichte, durch Heirath und Vergleich
„Da werden Volk und Fürsten – insonders diese reich!
„D’rum wollen wir in Frieden hier auseinander gah’n,
„Ich will die Nacht behalten; nehmt mit dem Tag vorlieb,
„So lösen wir den Knoten mit einem einz’gen Hieb." –
„Topp – sprach der Thyrsusschwinger – ihr seid ein kluger Mann,
„Man sieht es Eurer Größe – bei meinem Eid – kaum an!
„Des Weines gold’ne Perle im Humpen auf zumal,
„Doch bricht herein der Abend mit seiner dunklen Pracht,
„Sei euch von allen Völkern die Huldigung gebracht!“ – –
So schieden sie als Freunde, die sich als Feind’ bekriegt;
Da zogen heim die Mannen, die Schwerter in der Scheid,
Und dachten sich im Sinne: Das war einmal gescheid!
Was sollen wir uns beide aufreiben in der Schlacht, –
Damit das pure Wasser sich traun in’s Fäustchen lacht?
Zum Trotz dem Elemente, zum Trotz der Nüchternheit!
Es sei Europa trunken, von Welschland bis zum Belt,
Daß hie und da ein Dichter auftauche in der Welt,
Und trunken von Begeist’rung noch hebe seinen Flug:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/34&oldid=- (Version vom 12.12.2020)