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sein, wie sie wolle, so findet mein Urtheil dennoch durch das Bild unsers wackern Landsmannes Mr. Turner Esq., so sich gegenwärtig in der Kunstausstellung zu München befindet, in einer Weise seine Bestätigung, die es selbst dem Continent richtig erscheinen lasten muß.

Gehe hinein, unbefangener[1] Beschauer, in die mit Bildern aus allen Schulen und Ländern reichbedeckten Räume, mustere die mangelhaften Arbeiten, welche Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland lieferten, und prüfe das Benehmen der betrachtenden Menge denselben gegenüber. Man ist still, steigt bescheiden von einer reichumrahmten Leinwand zur andern, flüstert sich hie und da eine Bemerkung zu, blättert in dem Cataloge, bleibt aber kalt und ruhig, trocken und[2] nüchtern, wie die deutsche Malerei selbst. Jetzt nahst Du aber dem Bilde Mr. Turners Esq.: „Walhalla“ nach der Natur gemalt, aber überdeckt mit dem Nebel und der Grazie Alt-Englands. Siehe die verklärten Mienen der Beschauer, diese Heiterkeit, welche selbst im Stande ist, ein deutsches Antlitz schön zu machen; welch ein Staunen, welche Bewunderung über das Niegeahnte, über den Muth, ein solches Bild über den Canal zu senden. Wohin wendest Du Dein Auge zuerst? auf den von einem englischen Pinsel verklärten Kunsttempel, den mystisch daher fluthenden Donaustrom, oder auf die mit dem Schleier der Isis bedeckten Gestalten im Vordergrunde, Nebelfiguren voll süßen Wahnsinns in sitzend-liegend-schwebender Stellung, umgeben[3] von Emblemen, die poetischen Gedanken Mr. Turners Esq. repräsentirend? –

Mr. Turner Esq., mit seinen Erfolgen noch nicht zufrieden, will indeß die deutsche Nation vollendet bekehren, und zwar auf eine Weise, die durch alle Länder deutscher Zunge ihren Weg findet. Mr. Turner sendet durch mich der resp. Redaktion der fliegenden Blätter eine Zeichnung, von welcher derselbe die Aufnahme in die fliegenden Blätter wünscht. Das Kunstblatt ist ganz in seiner bekannten[4] Nebelmanier ausgeführt. – Es ist die Reise der Königin Victoria nach Stolzenfels. Her gracious majesty steht auf dem Verdecke des über den lebhaften Wellenschlag dahineilenden Dampfbootes, ihr zur Seite Prinz Albert und Graf Aberdeen. Musik und jubelnde Menschenmassen im Vordergrunde. Im Hintergrunde Stolzenfels, das gastliche Ritterschloß mit donnernden Kanonen. – Das Wetter war an jenem Tage zweifelhaft, Mr. Turner Esq. drückt dieses „zweifelhafte“ sehr glücklich in dem Bilde aus. –

Die deutschen Zeitungen haben uns zwar durch unlesbar lange Artikel als eben so lange Illustrationen vollkommen überzeugt, daß seit Napoleons Zug nach Moskau nichts Interessanteres in Europa sich ereignet hat; um so erfreulicher ist es, dieses Bild nicht nur als ein Specimen englischer Anschauungsweise der großartigen Rheinnatur, sondern auch als ein ewig bleibendes Denkmal dieses merkwürdigen Weltereignisses bezeichnen zu können.




Eine Hütte und ein Herz.
Bürgerliches Seelengemälde in zwei Tableaux.



Zwischen beiden Tableaux liegt ein Zeitraum von 5 Jahren.






Redaction: Caspar Braun und Friedr. Schneider. – München, Verlag von Braun & Schneider.
Kgl. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei von Dr. C. Wolf & Sohn in München.

  1. In der Vorlage: unbefangeuer
  2. In der Vorlage: and
  3. In der Vorlage: nmgeben
  4. In der Vorlage: bekannteu
Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 024. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/28&oldid=- (Version vom 14.2.2021)