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vornehmen Hauses in der Walburgisnacht vollzogen werden, jedoch nicht allhier, sondern bei meinem Vetter, dem reichen Herrn von Brocken im Gebirge, welcher dazu ein fröhliches Gelage anrichten und mehrere ehrbare und lustige Gäste von meiner Bekanntschaft laden wird. Hiezu hab' ich ein Rößlein bereit, welches um Mitternacht auf uns in Deiner Küche harren wird. Darauf setze Dich ungescheut, so es Dir auch als ein struppiger Besen erscheint, und hinter Dir werden meine starken Arme Dich umfassen, daß Du nicht fällst und Schaden nimmst. Wohlgesprochen Herr Bräutigam – entgegnete Konrad mit zarter Stimme – aber vergönnt der schämigen Jungfrau, daß sie bei dem Ritte nicht vor Euch sondern hinter Euch sitzen und Euch mit ihren zitternden, liebenden Armen umfangen möge. Leichtlich gab der gefällige Sponse dieß zu, und hinkte lustig und guter Dinge zum Kämmerlein hinaus. Barbara Murchel aber, suchte ihre steifen Festkleider hervor und harrete sehnsüchtig der Walburgisnacht, in welcher sie dem Teufel ein X für ein U zu machen, und anstatt Klarens mit dem infernalischen Bräutigam ins hochzeitliche Bette zu fahren gedachte. Vorher lief richtig die stipulirte Morgengabe wohlgezählt und in die Säcke gepackt ein, wurde schnell zu Pater Florian spedirt, und so war nun endlich der von allen Interessenten ersehnte Walburgis-Abend herangedämmert.

Wie Klara sich in ihr Kämmerlein zum Schlafe begeben, schnappte die arglistige Base von außen das Schloß ab und schob den Riegel vor, wusch das Runzelfell mit Kleie und Seife, und legte die starrende Kontusche an. Oben vom Dache herab tönte Hinzelmanns Liebesklage, aber Barbara rief: Inkommodiren sich der Herr Stadtschreiber nur nicht weiter, da eine noblere Passion sich meines Herzens bemeistert! und als nun die Rathsuhr die zwölfte Stunde brummte und Eulenruf sich in Hinzelmanns Brautlied mischte; schlich Barbara heimlich und still in die finstere Küche. Hier wartete der Rothrock schon und frug mit leise krächzender Stimme: Bist Du da feines Liebchen? – Ja war die Antwort leise. Nun wohl, so setz Dich hinter mich – fuhr der Rothrock fort und schwang sich bald von den dürren Armen der Braut hinter ihm umknöchelt und flog im Hui mit ihr zum Fenster hinaus in die sausende Luft.


Aber wer mag sein Entsetzen beschreiben, als er auf dem Blocksberge angekommen, das schmähliche qui pro quo, die scheußliche Braut beim flackernden Hochzeitfeuer erblickte und sie mit langgestreckten Krallen nach ihm griff, und ist es damals gewesen, daß der Teufel über sich selbst vor allen vornehmen Gästen und höllischen Honorationen „pfui Teufel!“ habe gerufen. Ob er aber dem untergeschobenen Gesponse sofort den Hals umgedrehet oder sie als Hexe mit infernalischen Missionsgeschäften beauftraget, durch die Welt wandern lassen, davon ist keine Kunde nach Katzweiler gekommen, vielmehr Barbara Murchel spurlos verschwunden verblieben, und auch der Herr Stadtschreiber, der um dieselbe Zeit auf Reisen gegangen, bis dato noch nicht revertiret.

Aber mit dem freundlichen Frührothe des ersten Maitages, als im Dunkel der blühenden Bäume die Nachtigallen schlugen, wurde das Haus des Baders mit Besemen gefegt, mit geweihtem Weihrauch und Myrthen durchräuchert und Nepomuk Schwepperlein dergestalt zugesetzt, daß er gänzlich zerknirscht sich fürder aller losen Possen und Schlemmerei abthat, den wakern Konrad mit dem liebenden Töchterlein zusammengab und mit den Kindern der gesegneten Dublonen sich freuete in Glück und Ruhe bis an sein Ende.

C. Weißflog.

Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/80&oldid=- (Version vom 31.7.2018)