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Herr Johannes hatte nicht sobald die Botschaft vernommen, zu welcher er ausersehen worden, als er sich auf das schnellste und beste beschickte, seinen Urlaub nahm, und freudigen Muthes seine Straße fuhr, die Sendung auszurichten.

Am Hoflager des Herzogs Berchtold angelangt, wurde, sobald selbiger die Ursache seiner Ankunft erfahren, Herrn Johannes große Ehre und Gunst erwiesen, und seine Werbung mit Freuden angenommen. Alsbald wurde ein prächtiges Fest veranstaltet, Banket, Turnier und Lustbarkeiten jeglicher Art, die Verlobung von Herrn Berchtolds schöner Tochter zu feiern. Bei jedem Anlaß erwies sich Johannes, des Herzogs Brautwerber, als der stärkste und muthigste Ritter, beim Lanzenrennen, oder im Schwerdtschwingen und Kolbenschlagen, so wie geübt in anmuthiger Rede, und erfahren in manch einer schönen Kunst, womit er Ritter und Frauen, Alt und Jung zu vergnügen wußte, also daß ihn alle aufs herzlichste liebgewannen. Doch zumeist gewogen ward ihm die schöne Herzogstochter selber, und wie er, um zu seinem Herrn heimzukehren Urlaub nehmend, vor ihr stand, und so hellen, freundlichen Blickes auf sie schaute, da trat unbemerkt eine Thräne in ihr schönes Auge, und sie konnte nicht hindern, daß nicht der leise Wunsch in ihr sich regte: ihr künftiger Gemahl möge diesem gleichen! – Und als er nun vollends sich entfernt hatte, da fühlte sie wohl, er habe ihr Herz mit sich hinweggenommen, doch gelobte sie sich, ihre Empfindung niemals zu offenbaren, und den Willen des Vaters zu vollbringen, denn sie war eine fromme und gehorsame Tochter.

Aber auch dem Johannes war es gleichermassen ergangen. Als er seinem Geleite voraus, über die glänzende Morgenau, der Heimath entgegen ritt, da versuchte er es umsonst, wie er es zu thun früher gewohnt war, ein fröhliches Jagd-, Schlacht- oder Minnelied, deren er selber kunstreich zu setzen wußte, in die frische blaue Luft hinaus zu singen. Die wohltönende Stimme versagte ihm, seine Brust war beklommen, still sinnend ritt er vor sich hin, und erwog betrübten Muthes, wie so große Tugend und Schönheit er an Jungfrau Mechtildis erfunden, und wie er sein Leben lang solch Gemahl in treuer Liebe und Verehrung halten würde, und wie recht betrübt es doch sei, daß dieses nun und nimmermehr geschehen könne.

Wider alle Vermuthung empfing ihn Herr Friedrich von Schwaben, welchem er Boten vorausgesendet, und den glücklichen Ausgang zu wissen gethan, mit gar trauriger Geberde, und redete zu ihm also: „O mein lieber Freund Johannes, wie wohl und reiflich hatte ich mein Vorhaben erwogen, und wie gedachte ich weislich zu handeln, indem ich dir diese Brautwerbung auszurichten befahl, und ist nunmehr solche eine Ursache großer Trübsal und Unmuthes geworden, denn du sollst wissen, daß mein junger Herr Sohn allbereits ohne mein Vorwissen seine zukünftige Gemahlin erwählet und sich derselben mit einem theuern Eidschwur verlobet hat. Auch vermögte ich diese seine Wahl nicht zu schelten, denn es ist gleichermaßen eines reichen und mächtigen Herzogs Tochter und tugendvolle Jungfrau, adeligen Gemüthes, in mancherlei Kunst und Wissenschaft wohl unterwiesen, und von großer Schönheit, und möchte ich selbige wohl als eine liebe Tochter annehmen, hätte ich nicht mein Wort an Herrn Berchtold durch dich allbereits schon verpfändet, und wollte ich lieber das Leben lassen, als solches nicht einlösen. Jetzo mein werther Johannes, bezeige dich als einen getreuen und verständigen Diener und Freund, und entdecke mir einen Rath und Anschlag, wie ich mein gegebenes Wort bei Ehren erhalte, ohne meinen Herrn Sohn zu einer Gemahlschaft zwingen zu müssen, welche seinem Sinne also sehr widerstrebet. Findest du ein Mittel, solchem Verdruße zu begegnen, so will ich es dir lohnen mit großen Ehren und Würden und reichem Gute, und dich zeitlebens werth halten als meinen liebsten und getreuesten Freund!“ –

Als der Herzog seine Rede beendiget, da erblühete eine helle Röthe auf dem Antlitze seines Dieners Johannes, und die Hoffnung in seinem Herzen erhob freudig ihr leuchtendes Panner. Er beugte das Knie und sprach vergnügten Muthes: „Gnädigster Gebieter, so verscheuchet denn Eueren Kummer, dieweil ich zuversichtlich glaube, mit Gottes Beistand Euer Vertrauen zu rechtfertigen, und Euer Anliegen zu einem für alle Theile frohen Ende zu bringen, unbeschadet Euerer Ehre

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Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/46&oldid=- (Version vom 31.7.2018)