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Das hätte wohl Allen die Arbeit in der Grube verleiden können; da aber der Kobold nur den lustigen Schalk spielte, auch gerade Niemanden ein Leides zufügte; so gewöhnten sich die Erzknappen allmählig an den drolligen Kunden mit der schwarzen, schmutzigen Lederkappe und dem blinkenden Berghammer im Gürtel, ließen sich durch seine Schwänke nicht irre machen in der Arbeit, ja, hatten selbst ihren Spaß mit dem Zwerglein, dem sie den Namen „Silbernickel“ beilegten.

Das war nun gut, und da Herr Peter Buol merkte, daß seiner Leute Arbeit gedieh, auch der Segen nicht aus der Grube wich; gedachte er so mancher Sage, wie ein freundlich gesinnter Gnom den Steigern Glück brachte, und grämte sich nicht weiter um des Spuckes willen. Silbernickel schaltete nun ungestört in der Grube fort, und da er gewahrte, wie man ihn duldete, und freundlich gegen ihn verfuhr, so vergalt er’s den Bergknappen mit manchem guten Dienste, warnte sie vor bösem Wetter oder sonst einer drohenden Gefahr, und that hie und da mit seinem Berghammer eine Silberader auf, woran keine Seele gedachte.

Unter den Knappen der Marienkrone war Einer mit Namen Klaus, ein böswilliger Mensch, feindselig gegen alle Grubenleute, und selbst gegen den Herrn barsch und unhöflich. Hätte ihn dieser nicht als einen tüchtigen Arbeiter gekannt und um seines Weibes und der zwei unmündigen Kinder willen seiner geschont, er würde ihn längst vom Brode gejagt haben. Denn Klaus war nebstdem ein böser Trinker, und verspielte nicht selten unter anderen wilden Gesellen am Samstage Abend den ganzen Lohn, so daß Frau und Kinder die Woche hindurch am Hungertuche zu nagen hatten. Wie er sich an keinem unschuldigen Scherze erfreute, so war ihm auch Silbernickel im Herzen verhaßt, um so mehr, als es dieser just auf ihn abgesehen zu haben schien. So faßte er denn den Entschluß, die kleinen Neckereien, welche ihm der Kobold angethan, diesem bei nächster Gelegenheit tüchtig entgelten zu lassen.

Zur selbigen Zeit waren die Erzknappen auf eine Kluft im Schachte gestossen. Sie mochte sich wohl auf zwanzig Klafter in die Tiefe erstrecken, und das Rauschen eines Bergstromes tönte gar schauerlich aus dem Schlunde herauf. Hart daran arbeitete Klaus im Gesteine. Er war die Woche über in böser Stimmung, denn das Kartenspiel hatte seinen Verdienst aufgezehrt, und da ihm seine wüsten Gesellen noch darüber geborgt, so hatten sie auch Anwartschaft auf seinen nächsten Wochenlohn. Zudem war aber der Winter vor der Thüre, und er wußte nicht wie der Seinigen Noth zu stillen. Da tobte der Ingrimm in seinem Herzen, und weil er just nichts Anderes hatte, um d’ran seinen Zorn zu kühlen, so schlug er mit seinem Hammer so heftig gegen das Gestein, daß ihm der Schaft in den Händen blieb, das Eisen aber von der Wand zurückprallte, und in die Tiefe hinabstürzte.



Wie leises, höhnisches Gelächter tönte es an der Seite des Knappen. Hurtig wendete er sich dem Schalle zu; da gewahrte er Silbernickel, welcher schadenfroh sich über den Schlund hinausbeugte, und dem versinkenden Hammer nachlugte. In der Brust des Erzürnten aber kochte es, und er dachte nicht anders, als der Kobold sei auch an diesem Ungemache schuld. Mit einem derben Fluche packte er sofort

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Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)