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Nro. 3.
München, Erscheinen zwanglos. Preis der Nummer 9 kr. R. W.
Verlag von Braun & Schneider. od. 2 ggr. 24 Nummern bilden einen Band.


Die Marienkrone zu Filisur.

Im Graubündt’ner Lande in dem Flecken Filisur lebte vor geraumer Zeit Herr Peter Buol, ein rechtschaffener, gottesfürchtiger Mann, weit und breit im „Ländle“ als tüchtiger Bergmann bekannt. Er hatte viel Gruben in der Nähe, und die Erzknappen hielten auf ihn als einen wackeren, wohlgesinnten Herrn und ihren erfahrensten Steiger. Der Himmel segnete auch seine Arbeit, und wo er Stollen schlug, traf er auf edle, erzhaltige Gänge. So hatte er auch in letzterer Zeit einen mächtigen Gang aufgemacht, und die Steiger waren bis in eine Tiefe von achtzehn Lachtern auf Silberadern gestossen. Der Gang that sich aber noch immer mehr auf, und der fromme Bergmann nannte ihn in dankbarer Anerkennung des Himmelssegens: „Marienkrone“, und empfahl ihn dem Schutze der heiligen Mutter Gottes.

So groß aber der Gewinn war, welchen er aus der Grube zog, so vergällte ihm doch ein böser Spuck die Freude über sein Glück. Seit längerer Zeit war kein Freitag in der Woche vergangen, daß nicht ein kleiner, mißgestalteter Bergkobold in der Grube sein Unwesen trieb, die Stollen auf und ab fuhr, die mit Erz gefüllten Eimer umstieß, die Grubenlichter auslöschte, und den Knappen sonst noch manchen Schabernack spielte. –

Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)